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Buchloe

Portrait Adolf Kolping
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Die Bahnhofstraße und ihre Bewohner im Wandel der Zeit

veröffentlicht am

Über die Geschichte und Bewohner der Bahnhofstraße referierte Herbert Sedlmair bei der Gruppe Kolping 60plus. Ursprünglich war die Augsburger Straße die Hauptstraße in Buchloe. Erst nach dem Bau des ersten Bahnhofs im Jahre 1848 entwickelte sich die Bahnhofstraße allmählich zum zweiten Hauptverkehrsstrang in Buchloe.

Sie war schon immer ein Stück der Salzstraße, die von Bad Reichenhall über München, Landsberg, Buchloe, Memmingen, Lindau als Fernstraße dem Transport des „Weißen Goldes“ diente. In Buchloe verlief sie von der Landsberger Straße über den Postberg durch das Zolltor nach dem Rathausplatz. Vor der Gennachbrücke wurde beim „Brücken-Bäck“ der Brückenzoll kassiert. Bei etwa 30 bis 40 Salzfuhrwerken täglich war dies eine wichtige Einnahmequelle für die Marktgemeinde und den Fürstbischof von Augsburg.

Westlich der Gennach verlief die Salzstraße auf einem Damm über unbebaute, feuchte Wiesengrundstücke mit hohem Grundwasserspiegel. Alte Flurnamen verweisen darauf: Bodenlose, Krottental, Hufsparrenmähder, Heuteil. Zwischen dem jetzigen Bahnhofsgebäude und dem künftigen Mehrgenerationenhaus bog die Salzstraße nach Westen ab zur Straße nach Wiedergeltingen – bis 1895 die Mindelheimer Eisenbahnunterführung gebaut wurde. Die Salzstraße von der Gennach, dem Mühlgraben, bis zum Bahnhof war nicht bebaut; einzige Bauten zwischen dem Mühlgraben und dem westlichen Gennacharm waren ein Sägewerk gegenüber der Oberen Mühle mit einem großen Mühlrad als Antrieb und das Immlehaus.

Dieses Haus ist nach seiner letzten Eigentümerin Katharina Immle benannt, die 1904 kinderlos starb und es der Katholischen Pfarrpfründe vermachte. Diese verkaufte es an die Marktgemeinde, die es als Vereinshaus und Unterkunft der Sanitätskolonne nutzte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnten dort Flüchtlingsfamilien, bis das Haus 1957 Platz machen musste für Viehauktionen in der Schwabenhalle. Nach dem Neubau der Auktionshalle 1984 im Buchloer Westen entschied sich der Stadtrat für eine „grüne Lunge“ – dem Immlepark. Das Sägewerk wurde 1929 abgerissen und 1934/35 durch eine VfL-Turnhalle ersetzt, die dann als Stadthalle diente und nun auf eine Renovierung oder den Abbruch wartet.

Das benachbarte Lederle-Haus wurde um 1905 von Müllermeister Trautwein als Pfründehaus der Mühle gebaut. Dort wohnte bis etwa 1958 die Müllerstochter Franziska Trautwein, eine Hebamme, die ihr Haus an den Elektroinstallateur Hans Lederle verkaufte. 1948 hatte Lederle im Vorgarten in einem Holzkiosk (Bild) ein Elektrogeschäft eröffnet und selbst gebastelten Radios verkauft. Ältere Buchloer erinnern sich auch an die ersten Bananen, die es in dem Kiosk bei Obst- und Gemüsehändlerin Schramm gegeben hatte.

Im Nachbarhaus, 1878 von Buchdrucker Gottlieb Schick gebaut, richtete sich 1905 Photograph Theodor Ruth mit einem Atelier ein. Er war mit Pferd und Wagen als Wanderfotograf von Danzig nach Buchloe gekommen und hatte im Hotel Hirsch – heute Friseur Mayr – Maria Wallner kennengelernt und geheiratet. Die Bürgermeistertochter aus Füssen, eröffnete nach dem Tod ihres Mannes ein Café und ließ ihren Sohn Rudolf den Konditorberuf lernen. Schließlich lernte er doch noch Photograph, baute ein ebenerdiges Geschäftshaus bis an den Straßenrand – Lederle baute ähnlich an, über den Gennacharm. Rudolf Ruth und Schwiegersohn Anton Mangler erweiterten das Photogeschäft und errichteten einen Anbau, in dem Friseur Mayr ein Geschäft eröffnete.

Gegenüber stand bis 1967 eines der ältesten Anwesen an der Bahnhofstraße mit dem Hausnamen Beim Drechsler. Der Essigfabrikant Joseph Kugelmann aus Bobingen hatte es 1851 vom Stern-Wirt Hörrmann gekauft. Sohn Otto Kugelmann war in Buchloe Magistratsrat und in vielen Vereinen aktiv. Als Vorstand der Veteranen sorgte er sich 1905 um die Errichtung des Kriegerdenkmals. Nach seinem Tod 1916 führte Witwe Ella Kugelmann das Unternehmen und verkaufte es 1937 an Friedrich Ritter, so entstand die Marke „Kugel-Ritter“. Alt-Buchloer erinnern sich noch an die Limonaden-Marke „Schlucki“. Wegen der SA-Mitgliedschaft von „General Ritter“ wurde der Betrieb bis 1948 von einer Treuhand-Gesellschaft geführt. Prokurist war der Heimatvertriebene Hubert Matyssek. Er nutzte Kugelmanns Gartenhäuschen als Eisdiele und baute dort das Park-Café. Nach dem Verkauf an die Familie Walczak, war es das bei Prominenten und Jugendlichen beliebte Café Walczak. 1967/68 mussten das von rotem Weinlaub umrankte Kugelmann-Ritter-Haus und das Café dem gleichförmigen Mammutbau der Raiffeisenbank mit 59 Eigentumswohnungen weichen. Wieder ein Stück von Alt-Buchloe weg. (Herbert Sedlmair)