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Hochheim

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?Die Zeitbomben des Konzils?

veröffentlicht am

?Der verheerende Konzilsgeist muss niedergerungen, der Spalt, durch den der Rauch Satans in die Kirche eingedrungen ist, sofort geschlossen werden?. Mit solchen und ähnlichen Zitaten aus den Publikationen der Piusbrüder, in diesem Fall aus einem Vortrag von Pater Franz Schmidberger, dem deutschen Distriktoberen der Piusbrüder, beunruhigte Lutz Lemhöfer seine Zuhörer im katholischen Vereinshaus.
Lemhöfer, Referent für Weltanschauungsfragen im Haus am Dom in Frankfurt, war auf Einladung der Kolpingfamilie nach Hochheim gekommen, um über die Piusbrüder ? Was sie sind und was sie wollen? – zu referieren. Wer verstehen will, warum es die Gemeinschaft der Piusbrüder gibt, muss auf die zentralen Aussagen des II. Vatikanischen Konzils schauen. Dort nämlich wurden jene Reformen im Denken und Handeln der Katholischen Kirche beschlossen, die die Piusbrüder heute als ?Zeitbomben? und als ?Rauch Satans? bezeichnen. Gemeint ist etwa die flächendeckende Einführung der Landessprache bei den Gottesdiensten, das Prinzip der Kollegialität von den Bischöfen bis zu den Laiengremien wie den Pfarrgemeinderäten, gemeint ist aber auch in besonderer Weise die Öffnung der Katholischen Kirche zu den christlichen Schwesterkirchen und den anderen Weltreligionen. Während das Konzil eine große Nähe der Christen zu den Juden erklärt, sprechen die Piusbrüder von ?Gottesmördern?. Dass der Islam oder der Buddhismus Werte vertreten, die auch vom Christentum anerkannt seien und daher  mögliche Wege zum Heil darstellten, ist für die Piusbrüder ein Verrat an der einen Wahrheit. Ein Irrtum kann nie ein Weg zur Wahrheit sein, meint Pater Schmidberger dazu.

Lutz Lemhöfer zeichnete kenntnisreich den Weg Erzbischofs Lefebvres nach, der selbst am Konzil teilgenommen hatte, später aber durch die verbotene Weihe von vier Priestern der von ihm gegründeten Pius-Bruderschaft zu Bischöfen seine eigene Exkommunikation und die der Geweihten bewirkte. Seit dieser Bischofsweihe im Jahr 1988 hat es viele Angebote an die Piusbrüder gegeben, sich wieder in die Katholische Kirche zu begeben und die Autorität des Papstes anzuerkennen. Ein Teil der Brüder ist diesem Angebot gefolgt und hat die St. Petrus-Bruderschaft gegründet. Zur Zeit gehören der Pius-Bruderschaft neben den vier Bischöfen noch 529 Priester und 201 Priesteramtskandidaten an. In St. Athanasius in Hattersheim z.B. werden regelmäßig Messen nach tridentinischem Ritus gefeiert.

Der Wille zur Versöhnung war mehr als deutlich, als Papst Benedikt am 21. Januar 2009 die  Exkommunikation der vier Bischöfe der Bruderschaft aufhob. Seitdem verhandeln Vertreter der Glaubenskongregation mit leitenden Piusbrüdern über ein Ende der Spaltung. Über den Stand oder den Verlauf der Verhandlungen dringt nichts nach außen. Das Kirchenvolk ist derweil besorgt, bisweilen verwirrt, da viele befürchten, dass eine Versöhnung mit den Piusbrüdern nur eine Aufweichung der Reformen des II. Vatikanischen Konzils nach sich ziehen könne. Diese Bedenken  waren auch nach dem Vortrag bei den zahlreich erschienen Anwesenden zu spüren. Genährt wurden sie zudem durch das engagierte Auftreten eines eigens aus Mainz angereisten Vertreters der Pius-Bruderschaft, die nach dessen Aussage weltweit etwa 750.000 Sympathisanten habe. Viele hörten es mit Sorge.

(Andreas Nick)