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Aktuelles aus Peru von unseren Polikliniken (September 2020)

veröffentlicht am

Aktuelles aus Peru (September 2020)

Nach einiger Zeit kann ich wieder über die Situation in Peru und insbesondere über unsere Polikliniken und über unsere anderen Sozialwerke kommunizieren.

Ich muss zunächst erwähnen, dass Peru stark von der Pandemie betroffen ist. Hauptsächlich weil unser Gesundheitssystem seit vielen Jahren im Chaos ist und logischerweise explodierte. Dies ist die traurige und grausame Realität, als die Pandemie kam.

Die Peruaner hatten eine der längsten und irrationalsten Quarantänen auszuhalten, die am Ende aber nicht viel half und im Gegenteil zu einer schrecklichen Wirtschaftskrise mit fast sechs Millionen verlorenen Arbeitsplätzen und vielen bankrotten Wirtschaftssektoren wie Tourismus, Handel usw. geführt hat. Die Ergebnisse der wirtschaftlichen Rezession werden schlimmer sein als die der Pandemie selbst. Da es keinen Impfstoff gibt, wird es wahrscheinlich lange anhalten.

Hinzu kommt, dass im April nächsten Jahres Wahlen zum Präsidentenamt und zum Kongress stattfinden. Ein großer Teil der Bevölkerung ist arbeitslos und in der Krise sehr verzweifelt, was zu extremen linken Positionen unter den Favoriten führt. Das würde eine neue Katastrophe für Peru bedeuten. Abschließend muss ich eine ironische Tatsache über eine Staatsanwältin erwähnen, die zu Beginn der Pandemie unser „Hausbesuchssystem“ in Frage stellte und uns deshalb viele Schwierigkeiten machte. Nach einigen Wochen kam sie dann um uns zu bitten, ihr und ihrer Familie bei der Diagnose und Behandlung von Corona zu helfen. Sie wusste nicht, wohin sie sonst gehen könnte, da alle Plätze in den Krankenhäusern belegt waren!

In Bezug auf die neuesten technischen Informationen haben wir seit ein paar Wochen täglich durchschnittlich 70 Lungenscans (für die Covid-Diagnose), aber auch durchschnittlich 150 Patienten für die schnelleren Covid-Blutuntersuchungen. In diesem Sinne muss ich sagen, dass uns jeder Lungenscan mit dem Computertomographen 80 Dollar und jeder Corona-Schnelltest 10 Dollar kostet.

Wir mussten auch viel Geld in Schutzkleidung und biosanitäre Sicherheitsausrüstung investieren (und tun dies auch weiterhin). Eine weitere Tatsache ist, dass wir eine Reihe von Änderungen in den Polikliniken vornehmen mussten, um die Biosicherheit zu gewährleisten.

Beispielsweise die Installation von Kabinen mit Desinfektionssystemen auf Ozonbasis am Eingang der Polikliniken. Wir mussten auch verschiedene Umbauten vornehmen, damit die Mitarbeiter ihre Biosicherheitskleidung vor und nach der Arbeit desinfizieren können. Außerdem müssen wir von den Mitarbeitern regelmäßig Schnelltests zur Diagnose von Corona vornehmen und bei den Behörden vorlegen.

All diese Aufgaben konnten wir nur meistern, da wir von Ihnen Spenden erhalten haben. Der peruanische Staat hat nach langen Verhandlungen Ende August 2020 einen zinsverbilligten Kredit genehmigt, den wir bedarfsgerecht ausschöpfen können.

Ich muss Ihnen auch mitteilen, dass wir unsere Öffnungszeiten von 19:00 Uhr auf 16:00 Uhr ändern mussten. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass viele unserer Arbeiter mit Corona infiziert waren und wir somit nicht genügend Personal hatten, um den vollen Zeitplan einzuhalten.

Von unseren 220 Mitarbeitern sind bis jetzt 150 an Corona erkrankt. Gott sei Dank verlief es bei fast allen symptomlos. Ein großer und trauriger Verlust ist der Tod unseres Rechtsanwaltes. Er starb an Covid 19. Er hat sich außerhalb der Polikliniken bei seinen anderen Arbeiten infiziert. Er wurde nur 43 Jahre alt.

Seit dem 1. September 2020 ist in Arequipa die dritte Phase der Quarantäne eingetreten. Das bedeutet, dass einige Einschränkungen gelockert werden, andere jedoch bestehen bleiben. Beispielsweise besteht weiterhin das Verbot das Haus sonntags und wochentags von 22 Uhr abends bis 4 Uhr morgens zu verlassen. Auch der öffentliche Verkehr mit Bussen und Taxis ist zurückgekehrt, ebenso haben einige Unternehmen ihre Arbeit wieder aufgenommen, jedoch mit Kapazitätsrückgang von 30 %.

All dies, weil Gott sei Dank, die Zahl der Infektionen sowie die coronabedingten Todesfälle zurückgegangen sind. Derzeit sind es noch etwa 18 Todesfälle pro Tag. Andererseits besteht weiterhin ein ernsthafter Mangel an Intensivpflegebetten und noch schlimmer ist, dass die notwendigen Medikamente (Midazolam, Propofol usw.) für intubierte Patienten fehlen, obwohl sie sich in krankenversicherten Krankenhäusern befinden. Somit müssen Verwandte von Patienten die Medikamente in privaten Apotheken kaufen und durchschnittlich bis zu 300 US-Dollar pro Tag bezahlen. Das ist wirklich unmöglich und unmenschlich.

Sehr positiv ist, dass unsere Poliklinik im Distrikt El Agustino in Lima trotz aller negativen Aspekte dieser Pandemie die Patientenversorgung erheblich verbessert hat und sich bereits weitgehend selbst finanziert. In einer guten Koordination mit der Gemeinde El Agustino führten wir eine Reihe von Gesundheits- und Diagnosekampagnen gegen Corona durch. Hierfür haben unsere Mitarbeiter die Hügel von El Agustino bestiegen, auf denen die Ärmsten leben.

Ein weiterer hervorzuhebender, positiver Aspekt ist die Situation in unserem Altenheim, in dem Corona zum Glück keinen großen Schaden angerichtet hat. Von den zehn Bewohnern sind zwei an Covid 19 erkrankt. Leider verstarb ein Bewohner, aber hauptsächlich an anderen Krankheiten, die er zuvor schon hatte. Die Ansteckung weiterer Bewohner konnte hauptsächlich auf Grund einer schnellen Aktion und Umstrukturierung verhindert werden, welche der neue Verwaltungskoordinator veranlasst hat. Im Rahmen dieser Umstrukturierung mussten wir die Ruhe- und Gehbereiche im Garten erweitern sowie im Haus ein Büro und einen Lagerraum errichten.

Unser neuestes freiwilliges Projekt für die arme Bevölkerung von Arequipa ist eine Aktion zum Test auf Corona. Derzeit finden an verschiedenen öffentlichen Plätzen in der Verbindung mit der katholischen Kirche und den Stadtteilgemeinden die Coronatests statt. Federführend sind unsere Mitarbeiter von Espiritu Santo, die auch das ganze Personal sowie die Technik und die Tests kostenlos zur Verfügung stellen. Die Aktion wird aus Spenden finanziert. Wir wollen dadurch auch unsere soziale Verantwortung zeigen – die Aktion wird von Presse, Rundfunk und Fernsehen begleitet und veröffentlicht.

Da der Tag der deutschen Einheit auch in Peru zelebriert wird (von in Peru lebenden Deutschen, deutschen Instiutionen und Vereinen usw.) ist man besonders stolz, dass der deutsche Botschafter in Peru, Herr Stefan Hersberg, die Poliklinik im Lima besucht hat und dort Päckchen verteilt hat. Es ist eine riesige Anerkennung unserer medizinischen Zentren in Peru. Auch in Arequipa wurde am Tag der deutschen Einheit eine weitere Coronatest-Aktion durchgeführt. Hierfür hat man sich extra den Park gegenüber dem Combonihaus, in dem Pater Jose wohnt, ausgesucht (deutscher Verein > „Policlinicos Social Aleman Espiritu Santo“ und der deutsche Pater Jose). Pater Jose zeigte sich das erste mal wieder öffentlich (er ist seit März in Quarantäne) und sprach unter den entsprechenden Schutzmaßnahmen zu vielen Leuten, die sich an diesem Tag testen ließen.

Wir möchten unseren großen Dank an alle Mitglieder des Freundes- und Förderkreises sowie allen Spendern aussprechen. Mit eurer Hilfe konnten wir die schwere Zeit mit den niedrigen Patientenzahlen überbrücken, aber auch die notwendigen Investitionen tätigen, die der Staat uns in dieser Coronazeit vorgeschrieben hat. Auch konnten wir so die Coronatest-Aktion in Arequipa durchführen, welche auch eine sehr gute Werbung für unsere Polikliniken ist.

Mit dankbaren Grüßen aus Peru und bleiben Sie gesund!

Victor Bernal

Aosciacion Pro Espiritu Santo