Pressebericht der Odenwälder Zeitung vom 6.12.2014
FÜRTH: Es geht um mehr, als ?nur? um gute Noten: Das gleichnamige Paten-Projekt an der Heinrich-Böll-Schule (HBS) verleiht Schülern nicht nur ?Rückenwind? auf dem Weg zum Schulabschluss und in den Beruf, sondern trägt auch zu deren Persönlichkeitsbildung bei. Der soziale Aspekt hat einen hohen Stellenwert und nicht zuletzt deshalb sind die Partner bei diesem Projekt, die HBS und das Nachhilfeinstitut LernKnoten, mit dem zweiten Platz beim Förderpreis Fachkräfte der IHK Darmstadt belohnt worden (wir haben berichtet).
Die 4000 Euro, die es dafür neben den entsprechenden Urkunden gibt, sind das eine, die Öffentlichkeitswirkung das andere. Und die ist noch viel wichtiger als der Geldpreis, wie bei einem Pressegespräch gestern an der Heinrich-Böll-Schule mehrfach betont wurde. Denn die wertvolle Arbeit, die bei ?Rückenwind” großenteils ehrenamtlich geleistet wird, bleibt der Öffentlichkeit ansonsten weitgehend verborgen.
Am Tag des Ehrenamtes
So passte es auch ganz gut, dass am gestrigen Tag des Ehrenamtes das Patenprojekt ins Scheinwerferlicht gerückt wurde. Dieses läuft bereits seit 2007 an der HBS, angestoßen von der Kolpingsfamiie Fürth, die auch heute noch ein wichtiger Partner ist. Das Prinzip ist Folgendes: Schüler, die Gefahr laufen, aus eigener Kraft den Schulabschluss zu verfehlen, bekommen einen berufs- und lebenserfahrenen Paten an die Seite gestellt. Er begleitet den schulischen und persönlichen Werdegang des Heranwachsenden und gibt diesem wertvolle Hilfestellung. Der Anspruch: Möglichst kein Schü1er soll durch das Raster fallen, jeder einen Abschluss erhalten.
Mit im Boot ist der LernKnoten. Als Kooperationspartner der HBS stellt das Nachhilfeinstitut wöchentlich 90 Stunden für die am Projekt Rückenwind beteiligten Schüler zur Verfügung ?Es ist vor allem der soziale Charakter des Projektes, der es ausmacht und kennzeichnend für diese Schule ist?, erklärte LernKnoten-Inhaber Thomas Franz gestern, warum er ein engagierter Partner bei ?Rückenwind? ist. ?Wir kommen da ins Spiel, wo die Paten schulisch an ihre Grenzen stoßen?, erklärte Franz.
Eine weitere Wesentliche Säule des Projektes ist Eveline Vieweg. Die Lehrerin ist an der HBS für die Koordination von ?Rückenwind? zuständig, bei ihr laufen alle Fäden zusammen. ?Ich habe gewusst, warum ich gerade sie mit dieser Aufgabe betraut habe”, sagte Wolfgang Pieper, unter dessen Ära als Schulleiter das Projekt ins Leben gerufen wurde. ?Rückenwind” hole die Schüler da ab, wo sie stehen. Dabei geht es längst nicht nur um Hauptschüler, sondern um alle, ?von denen wir das Gefühl haben, dass sie nicht das umsetzen, was wirklich in ihnen steckt?, erläuterte der kommissarische Schulleiter Andreas Stüber.
Zwischen Schule und Familie
Die Paten werden zum Bindeglied zwischen Schule und Familie und gehen individuell auf die Schüler ein. Das ist hin und wieder ein steiniger Weg: ? Wir haben auch Niederlagen zu verkraften”, gestand Rainer Raum- einer der 13 aktuellen Paten. Aber jeder Schulabschluss, den es ohne ?Rückenwind” vielleicht nicht gegeben hätte, sei ein Erfolg. Und deren Zahl war in den vergangenen Jahren beträchtlich.
Edgar Schwarzer – ein Pate seit der ersten Stunde – erinnerte gestern daran, dass 2007 das damals schon laufende Patenprojekt F.A.I.R. an der Rimbacher Dietrich Bonhoeffer-Schule ein Anstoß für die Kolpingsfamilie war, die Zusammenarbeit mit der HBS zu suchen. Schließlich sollten auch Schüler in Fürth eine solche Chance bekommen, wenngleich das Rimbacher Modell nicht eins-zu-eins übernommen werden konnte und sollte.
Für Schwarzer ist es entscheidend, dass die Rückenwind-Paten Einblicke in die familiäre Situation der Schüler erhalten und deshalb manche Verhaltensweisen besser einschätzen und einordnen können, als die Lehrer.
?Ehrenamtliche bekommen einen ganz anderen Zugang zu den Schülern, als die Lehrer”, weiß auch Fürths Bürgermeister Volker Oehlenschläger. Allein die Schülerzahl mache es den Pädagogen unmöglich, derart individuell auf jeden Schüler einzugehen. Als wesentlich erachtet Oehlenschläger auch, dass den Heranwachsenden Selbstwertgefühl vermittelt wird, unabhängig von ihrem Abschluss: ?Eine Gesellschaft kann nicht nur aus Akademikern bestehen, jeder ist an seinem Platz wichtig für die Allgemeinheit.”
Für Wolfgang Pieper sind es vor allem die Menschen, ?die sich in Waagschale werfen”, das Erfolgsrezept von ?Rückenwind”. Grundlage sei, die Kinder zu finden, die Hilfe benötigen und auf diese dann ganz individuell einzugehen. In Vertretung von Landrat Matthias Wilkes gratulierte Kreisbeigeordneter Volker Buser zu der Auszeichnung. ?Ich hoffe, dass andere Schulen ähnliche Ideen entwickeln”, sagte er.
Die HBS jedenfalls wird an ?Rückenwind” festhalten, daran, ließ Andreas Stüber keinen Zweifel. ?Da steckt viel Persönlichkeit und Herz drin”, sagte er vor allem auch in Richtung von Eveline Vieweg.
Rückenwind
· Beim Projekt Rückenwind bekommen Schüler der HBS, die auf dem Weg zum SchulabschIuss Unterstützung benötigen, einen berufs- und lebenserfahrenen Paten an die Hand.
· Dieser begleitet die Heranwachsenden mit Rat und Tat – auch als Bindeglied zwischen Schule und Familie.
· Kooperationspartner der HBS bei diesem Projekt ist das Nachhilfeinstitut LernKnoten
· Es stellt 15 Plätze mit 90 Wochenstunden für die Rückenwind-Schüler zur Verfügung.
· Derzeit gibt es 13 Paten, rund 50 Schüler haben in den vergangenen Jahren von dem Projekt profitiert.