Pressebericht der Odenwälder Zeitung vom 18.09.2012
Vortrag: Christoph Pohl zur Behandlung an Hüften und Knien
Neu ist nicht immer auch gut
FÜRTH. ?Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Hüft- und Kniegelenkes” war das Thema des Vortrages den Christoph Pohl in Fürth auf Einladung der Kolpingsfamilie gehalten hat. Der Mediziner ist seit anderthalb Jahren Leiter der Unfall- und orthopädischen Chirurgie am Luisenkrankenhaus in Lindenfels und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Knie- und Hüftgelenkchirurgie.
Er erklärte, dass in Deutschland 200 000 künstliche Hüft- und Kniegelenke pro Jahr eingesetzt werden. Dies bedeutet Ausgaben von zirka 2,8 Milliarden Euro pro Jahr. Rechnet man die Kosten von Rehamaßnahmen, ambulanter Behandlung, Komplikationen und notwendigen Wechseloperationen mit ein, verdoppele sich diese Zahl in etwa.
?Das Neueste ist nicht immer das Beste” war einer der Kernsätze des Abends. Nicht dem Internet oder der Boulevardpresse blind Glauben schenken, sondern seinem Arzt vertrauen, der normalerweise das Beste für seine Patienten will, riet Pohl. Zunächst sollten die Möglichkeiten der nicht operativen Therapie ausgeschöpft werden.
Grundlage sei immer eine ausreichende Schmerztherapie. Krankengymnastik könne die Beweglichkeit erhalten, wobei die erlernten Übungen regelmäßig vom Patienten wiederholt werden müssten. Hilfreich seien auch Behandlungen außerhalb der Schulmedizin, wie lokale Wärme- und Kältetherapie oder Akupunktur. Knorpel aufbauende Medikamente hätten bislang keinen signifikanten Vorteil gezeigt und seien umstritten.
Wichtig sei die richtige Wahl des Operationszeitpunktes. Beim Verschleiß sollten jedoch nicht nur die Röntgen- oder Kernspinaufhahmen entscheiden, sondern Beschwerden, Ansprüche und Nebenerkran-
kungen des Patienten. ?Auch ältere Menschen haben ein Recht schmerzfrei gehen zu können”, stellte Pohl fest.
Nicht immer werde sofort ein künstliches Gelenk benötigt. ?Durch eine Gelenkspiegelung des Knies werden Knorpelschäden, Meniskusrisse und Bandverletzungen behandelt und dadurch oft Schmerzfreiheit für Jahre erreicht”, erklärte der Mediziner. Spiegelungen des Hüftgelenkes würden in der Zwischenzeit ebenfalls von wenigen Spezialisten durchgeführt, seien jedoch nur bei jungen Leuten mit Vorstufen zur Arthrose und Gelenkkapselverletzungen sinnvoll. Des Weiteren könne an Knie- und Hüftgelenk durch Umstellungen der Beinachse- vom X- zum O-Bein oder umgekehrt- ein Fortschreiten der Arthrose verlangsamt werden.
Die künstlichen Hüftgelenke hätten sich seit mehr als 50 Jahren zunehmend bewährt. Bei Kniegelenksprothesen sei auch der Ersatz nur der Innen- oder Außenseite des Gelenkes möglich.
Erstaunlich fanden die Zuhörer, dass künstliche Gelenke auch in einer Operation auf beiden Seiten eingesetzt werden. Pohl versicherte, dass Patienten, die zwei Endoprothesen gleichzeitig erhalten, ebenso schnell fit sind, wie Patienten bei denen nur ein künstliches Gelenk operiert wurde. Nach der Operation können künstliche Gelenke voll belastet werden, Ballsportarten oder schweres Heben sowie Übergewicht fördern jedoch ein Versagen.
In der anschließenden Diskussion stellte sich Pohl vielen Fragen und auch die Zukunft des Luisenkrankenhauses wurde zum Thema. Alle Anwesenden wünschten dabei den Erhalt des Krankenhauses. ?Solange viele Patienten nach Lindenfels kommen, wird das Haus bestehen bleiben”, sagte Pohl.