Pressebericht Starkenburger Echo vom 13.3.2012
Viele spannende Aspekte zum Zölibat
FACHVORTRAG: Frank Meessen spricht vor der Kolpingfamilie Fürth und stellt Fragen für eine rege Diskussion
FÜRTH. Lasst die Mädels ran: Ist das die Lösung für künftige Herausforderungen der katholischen Kirche? Diese provokante Frage stellte Frank Meessen am Anfang seines Vortrags über Zölibat und Frauenpriestertum am Freitagabend bei der Kolpingfamilie Fürth.
Bei Themen, die seit Jahrhunderten – und besonders in den letzten Jahrzehnten – diskutiert werden, kennt aber auch der pädagogische Leiter des katholischen Bildungswerks Bergstraße/Odenwald keine eindeutigen Antworten. ?Ob geschichtliche Deutung, Symposium oder Diskussionsrunde – die Logik ist immer gleich. Es gibt Argumente dafür und Kritiker, die ebenso ihre Gründe darstellen können,” so Meessen. Er zeigte zugleich auf, dass der Zölibat kein göttliches Gebot, keine dogmatische Regelung, sondern kirchliches Gesetz ist. Eine biblische Notwendigkeit kann nicht begründet werden. ?Sollte man liberaler und mutiger über eine Änderung nachdenken?”, fragte er am Ende.
Doch zuerst zählte er einige Fakten aus der Geschichte auf. Vom Enthaltsamkeitszölibat war man im hohen Mittelalter zum Ehelosigkeitszölibat übergegangen. Meessen erläuterte auch wissenschaftliche Antworten auf den sexuellen Missbrauch durch Priester. Demnach ist Pädophilie eine frühkindliche Prägung. Man sieht keinen Zusammenhang mit der Entscheidung zum Zölibat, die als junger Mann getroffen wird.
?Sublimierung” – mit diesem Veredlungsprozess beschreiben die Einen die Verfeinerung der Sexualität, die zur Steigerung der geistigen Energie führen soll. Für sie verkörpert der Zölibat das Himmelreich. Nur wer ehelos lebt und auf eine Familie und den Alltag mit einer Ehefrau keine Rücksicht nehmen muss, habe den Kopf frei für die wahren Aufgaben, für seine Berufung. Dann treffen die Begriffe Talent oder Begabung zu – jemand ist mit sich im Reinen und kann sagen, das stimmt für mich. ?Das Problem aber ist, dass wir hier vom Pflichtzölibat sprechen; und dann ist es nicht das Geschenk, für das man sich selbst entscheidet”, betonte Meesen. Der Priester soll die Kirchengemeinde als seine Familie ansehen – dies formulierte so auch eine Diskussionsteilnehmerin.
Direkte Antworten von den Zuhörern
Nachdem er praktische und theologische Gründe erläutert hatte, fragte der Fachmann nach der Meinung der Zuhörer. Dabei gibt es für manche die Kopfebene, aber auch Fragen aus dem Herzen. Mit wem der Pfarrer am Abend über Wünsche oder Probleme sprechen könne, stand als Frage im Raum. Die Pfarrhaushälterin ist dann vielleicht schon bei der eigen Familie. Eine Zuhörerin erzählte, wie viel Anteil ihr Ehemann an ihrem Berufsleben nimmt. Die Kolpingfamilie konnte hier ein paar Antworten direkt erhalten. Präses Pfarrer Dieter Wessel und der geistliche Rat Pfarrer Lorenz Eckstein zählten zu den Zuhörern. Sie betonten die engen Bindungen und das Vertrauen, das sie aus Priestergemeinschaften erfahren. Auch die besondere Nähe zu den Geschwistern hat hohen Stellenwert. In der Laienbewegung wächst die Kritik am Zölibat, die Akzeptanz schwindet.
Warum verhält sich die Kirche so stur und weltfremd, lautet eine weitere provokante Frage. Wie viele Jahre sich die Kirche noch Bedenkzeit geben will, während Nachwuchssorgen die Grundlagen des religiösen Glaubens in Gefahr bringen, fragte auch ein Fürther Teilnehmer. Ist die Frage nach dem Zölibat nicht längst ein unwichtiges Thema, man sollte vielmehr sachlich-funktionale Zusammenhänge aufzeigen, nannte Meessen eine Meinung der aktuellen Diskussionen.
Karl-Heinz Exner, Vorsitzender der Kolpingfamilie, hob hervor, dass man sich an diesem Abend den Standpunkten sachlich und ohne Polemik näherte. Die Bedeutung der Kirche hat im Alltag der Bevölkerung einen anderen Stellenwert – und die Perspektiven sind nicht besser. Zugleich blieb die Frage offen, ob der Schwund an Geistlichen durch Abschaffung des Zölibats kompensiert werden kann.
Weniger Gläubige heißt auch weniger Priester. Also doch Frauen für das Priestertum zulassen? Nach vielen spannenden Aspekten und reger Diskussion über den Zölibat blieb wenig Zeit für das zweite Thema. Ähnliche Pro- und Kontra -Positionen gibt es innerhalb und außerhalb der Kirche auch hier. Kurz verdeutlichte Frank Meessen auch die aktuellen Fragen zum Frauenpriestertum. Die Kolpingfamilie Fürth sowie Mitinitiator Friedel Rau hatten mit dem Vortrag einmal mehr zur Diskussion angeregt, drea