Vortrag von Helmut Fischer am 10. August 2022

Rückblick auf die Anfänge

Der Katholische Gesellenverein Hennef in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts

Hennef nach dem Ersten Weltkrieg

Die Niederlage des Deutschen Reiches im Herbst 1918 brachte ordentliche Einschnitte für alle Lebensbereiche mit sich. Kaiser Wilhelm II. stimmte am 28. Oktober einer Verfassungsänderung zu, die allen Bürgern das Recht auf unmittelbare politische Mitwirkung durch geheime Wahlen nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts zusprach. Jeder Wähler und jede Wählerin verfügte über eine Stimme. Die Monarchie wurde im Reich durch die parlamentarische Regierungsform abgelöst. Die Menschen forderten ihre neuen Rechte ein und drangen auf wirksame Entscheidungen. Erste Ansätze einer Umwälzung zeigten sich in Wilhelmshaven und anderen norddeutschen Häfen. Die Besatzungen meuterten gegen das Auslaufen der Kriegsflotte und forderten die Beendigung des Krieges sowie die Abdankung des Kaisers. Am 4. November 1918 bildeten sich in Kiel Arbeiter- und Soldatenräte, die die öffentliche Gewalt übernahmen. Der revolutionäre Funke sprang sofort auf das Reich über. Am 9. November 1918 kam es in Berlin zu aufständischen Unternehmungen. Friedrich Ebert, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, wurde zum Reichskanzler ernannt. Am 11. November 1918 wurde der Waffenstillstand vereinbart und der Erste Weltkrieg beendet.

Die Bürgermeisterei Hennef blieb von diesen Ereignissen nicht unberührt. Um die Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu beraten, trat am 9. November 1918 ein Arbeiter- und Soldatenrat gemeinsam mit den Militär- und Zivilbehörden zusammen. Landrat Hermann Strahl forderte am 14. November die Bürgermeister des Siegkreises auf, wegen der durchziehenden deutschen Truppen und möglichen Ausschreitungen überall Arbeiter- und Soldatenräte zu bilden. In Hennef rief Bürgermeister Oskar Ungermann gemeinsam mit dem Arbeiter- und Bauernrat zur Bildung „eines besonderen Sicherheitsdienstes durch Bürgerwehren“ auf.

Zunächst wurden beurlaubte Soldaten für die Orte Hennef, Geistingen,Stoßdorf und Warth angesprochen. Auch in den übrigen Ortschaften der Bürgermeisterei Hennef sollten Wehren eingerichtet werden. Für den 17. November 1918 wurden alle Landwirte zur Bildung eines Bauernrates eingeladen. Am 20. November gab der Bürgermeister die Zusammensetzung des Arbeiter-, Bürger- und Soldatenrates in der Bürgermeisterei Hennef bekannt. Sämtliche Bürgerwehren unterstanden dem Offiziersstellvertreter Wilhelm Lindlar. Wie lange der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat seine Tätigkeit als Kraft der Ordnung und Verwaltung ausübte, ist unbekannt.

Infolge der Waffenstillstandsvereinbarungen wurden Belgien, Frankreich und Elsass-Lothringen von den deutschen Streitkräften geräumt. Die zurückkehrenden Truppen überquerten in Bonn den Rhein. Teile der 18. Armee zogen im November durch Hennef. Ihnen folgten alliierte Besatzungstruppen, die in die strategisch wichtigen Rheinübergänge für die amerikanische, britische und französische Besatzungszone bei Koblenz, Köln und Mainz vorgelagerten Brückenköpfe einrückten. Diese Bereiche mit einem Radius von 30 km hatten einen weiteren 10 km breiten neutralen Streifen vor dem unbesetzten Gebiet des Deutschen Reiches.
Der Brückenkopf Köln umfasste Teile der Bürgermeistereien Hennef und Lauthausen mit den Ortschaften Scheurenmühle, Dambroich, Geistingen, Hennef und Weingartsgase sowie die Lauthausener Ortschaften Happerschoß, Heisterschoß und Bröl. In der Woche vom 9. bis 14. Dezember 1918 rückten britische und kanadische Truppen ein. Zunächst übernahmen Kanadier die Grenzwache in Geistingen und wurden dann durch britische Einheiten abgelöst. Die Grenze des Brückenkopfs zur neutralen Zone kennzeichneten besondere Tafeln.

Die britische Militärverwaltung erließ alsbald eine Verordnung, die für die Bevölkerung gewisse Einschränkungen im Alltag bewirkte. Man sollte für die eingewiesenen Soldaten Matratzen und Bettstellen bereitstellen und Namenlisten der Bewohner an den Haustüren anbringen. Ab 9 Uhr abends wurde eine Ausgangssperre verfügt. Die Einquartierung führte zu mannigfaltigen Unzuträglichkeiten, zumal die britische Militärbehörde auf ihre Sonderrechte hinwies. So waren alle britischen Offiziere von der männlichen Bevölkerung zu grüßen, und zwar von Zivilisten durch Abnehmen des Hutes und durch Uniformierte auf militärische Art und Weise. Reibereien zwischen Angehörigen der Besatzung und den Bewohnern blieben nicht aus.

Nach etwas mehr als einem Jahr übergab die britische Regierung den Brückenkopf Köln an die französische Armee. Nachdem am 19. Januar 1919 Wahlen zur Nationalversammlung stattgefunden hatten und am 20. Januar 1920 der Versailler Vertrag in Kraft getreten war, entstanden heftige politische Spannungen. Die Arbeiterschaft der Bürgermeisterei Hennef beanspruchte ihr Recht auf kommunalpolitischem Gebiet und rief eine „Arbeiter-Vereinigung für die Bürgermeisterei Hennef“ ins Leben. Das Vorhaben scheiterte daran, dass der Oberkommandierende der verbündeten Besatzungstruppen die vorgesehenen Wahlen zu den Gemeindevertretungen in der Rheinprovinz nicht gestattete. Als am 20. März 1920 rechtsradikale Kräfte versuchten, in Berlin die Regierungsgewalt in die Hände zu bekommen. Handelten die Hennefer Arbeiter. Sie legten am 15. März die Arbeit nieder und begaben sich zu einer Demonstration mit Siegburger und Troisdorfer Kollegen auf den Marktplatz in Siegburg. Der Versuch eines Staatsstreichs, der sogenannte Kapp-Putsch, scheiterte.

Die politische Unruhe in der Bürgermeisterei Hennef setzte sich fort. Mit Eifer wurde die Feier des 1. Mai 1920 betrieben. Ein Demonstrationszug bewegte sich durch Hennef. Auf dem Gemeindesportplatz wurde eine Festrede gehalten. Im Lokal Joseph Wingen folgte ein Konzert. Die gewaltige Kundgebung wurde als ein Zeichen verstanden, dass das arbeitende Volk seine Rechte einforderte, Die Maikommission benutzte daher den Ruf: „Proletarier aller Klassen u. Stände vereinigt Euch!“ Das politische Bewusstsein in der Bürgermeisterei Hennef war gewachsen.

Die Belastungen durch die französische Besatzungsmacht wurden immer schwerer. Der französische Oberkommandierende verbot das Absingen deutscher Hymnen und Lieder mit „feindseligem“ Charakter, „Der Wacht am Rhein“, „Deutschland, Deutschland über alles“, „Heil Dir im Siegeskranz“. Verboten war das Zeigen von Flaggen in den deutschen Landesfarben. Wachsende wirtschaftliche Schwierigkeiten aber überdeckten zunächst diese Zumutungen. Die Wirtschaft war zusammengebrochen. Die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung hatte außerordentliche Mängel.
Aus diesem Grund übernahm die Bürgermeistereiverwaltung die Verteilung von Nahrungsmitteln. Als die Arbeiter der Betriebe in Hennef im Juli 1920 höhere Löhne verlangten, lehnten die Unternehmer diese Forderung mit dem Hinweis auf die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse ab und beantworten den Streik mit der Aussperrung der Arbeiter”.
Die politische Lage wurde noch durch die Versuche verschärft, das Rheinland vom Deutschen Reich zu trennen und das Gebiet der Oberhoheit von Frankreich zu unterstellen. Die politischen Parteien des Rheinlandes widersetzten sich diesem Ansinnen und sprachen sich eindeutig für den Verbleib der Rheinprovinz in Preußen und im Deutschen Reich aus. Die rheinische Bevölkerung war nicht für einen eigenen Staat zu gewinnen. Die französische Verwaltung drangsalierte die Bevölkerung auf unterschiedliche Weise. Als vom ır. bis 16. Januar französisch-belgische Einheiten in das Ruhrgebiet einrückten, um die deutschen Reparationen zu erzwingen, antwortete die Bevölkerung mit einem „passiven Widerstand“. Der sogenannte Ruhrkampf bewirkte auch in Hennef, dass die stattlichen Einrichtungen die Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht verweigerten. Die Franzosen reagierten mit Härte und wiesen Beamte und ihre Angehörigen, wie den Bürgermeister Ungermann, aus dem besetzten Gebiet aus. Am 5. März 1923 wurde der Leiter des Postamtes in Hennef, der Postmeister Schmolke, zu 1 Jahr Gefängnis und 3 Millionen Mark Geldstrafe verurteilt. An der Grenze des Brückenkopfs Köln in Warth gab es regelrechte Massenausweisungen.
Die französische Militärverwaltung verstärkte ihre Maßnahmen und rief damit heftige Reaktionen der Beyölkerung hervor. Es kam zu Angriffen auf Besatzungssoldaten und Schusswechseln. Stets war ein gültiger Pass mitzuführen. Hinzu kamen Eingriffe in das alltägliche Wirtschaftsleben, indem die Franzosen im April 1923 die Milchzentrifugen eines Hennefer Unternehmens beschlagnahmten, Als besonders harter Eingriff erwies sich die Unterbrechung des Eisenbahnverkehrs zwischen Blankenberg und Siegburg. In Warth entstand ein „Notbahnhof“ zwischen dem besetzten Bahnhof Hennef und dem außerhalb der Besatzungszone gelegenen Bahnhof Blankenberg. Erst am 13. Dezember 1923 endete die Unterbrechung des Zugverkehrs.
Den Alltag der Menschen prägte in dieser Zeit große Not. Für die Speisung der bedürftigen Bevölkerung wurde in Hennef eine Volksküche eingerichtet. Auftragsmangel führte zu Entlassungen in der Industrie. Die Inflation erzeugte einen ungewöhnlichen Kaufkraftverlust. Man bemühte sich darum, das Wirtschaftsleben soweit als möglich zu fördern. Die Bürgermeistereiverwaltung ließ Ersatzwertzeichen drucken, sogenanntes Notgeld. 1924 ging diese schlimme Zeit zu Ende.

Die politischen Entwicklungen riefen handfeste Auseinandersetzungen hervor. Im Laufe des Jahres 1923 zeigt sich separatistische Bewegungen, die eine Loslösung der Rheinprovinz von Preußen und vom Deutschen Reich mit Gewalt betrieben und die Gründung einer „Rheinischen Republik“ unter der Oberhoheit von Frankreich anstrebten. Die Separatisten oder Frei- und Sonderbündler zogen plündern durch das Land und verbreiteten Furcht und Schrecken. In den Dörfern bildeten sich Selbstschutzeinheiten. In der sogenannten Schlacht bei Aegidienberg am 16. November 1923 kamen mehrere Teilnehmer an der Auseinandersetzung zu Tode. Noch bis zum Ende des Jahres 1924 waren die Bestrebungen zur Gründung einer Rheinischen Republik wahrnehmbar.

Verhandlungen zwischen den Alliierten und dem Deutschen Reich änderten die Verhältnisse. Im September wurde die Pass- und Zollkontrolle im Bahnhof Hennef aufgehoben. Die französischen Gendarmen verließen am 7. September 1924 ihren Dienstort Hennef. Im Dezember 1925 und Januar 1926 wurde die erste Zone des besetzten Rheinlandes von den Besatzungstruppen geräumt. Am 19. Januar 1926 verließen die Franzosen Hennef mit dem Zug. Nach siebenjähriger Besatzung fand in Hennef eine „Befreiungsfeier“ statt. Pfarrer Professor Heinrich Hochköpper gedachte am 20. Februar in einem feierlichen Dankgottesdienst „des wichtigen Ereignisses des Tages“. Die allgemeine politische Lage entspannte sich nach der Beseitigung der Einschränkung der Freiheitsrechte, der abendlichen Ausgangssperre, der Ausweis- und Grußpflicht. Die Nachwirkungen blieben jedoch bis in die folgenden Jahrzehnte bemerkbar.

Die politische und wirtschaftliche Lage in den zwanziger und dreißiger Jahren

Die Folgen des Weltkriegs 1914-1918 in Hennef zeigten sich nicht nur in den Lebensbereichen des Alltags, die man mit Begriffen wie wirtschaftlicher Abgang und geldentwertende Inflation, Einschränkung der Freiheitsräume und unterdrückende Besatzung oder öffentliche Unruhe und wachsendes Selbstbewusstsein fassen kann. Sie traten ebenso in der Zersplitterung der politischen Kräfte hervor, die auf der Suche nach einem demokratischen Verständnis die Zustände in der sogenannten Weimarer Republik spiegelte. 1927 wurde die Bürgermeisterei Hennef mit den beiden Gemeinden Blankenberg und Geistingen ohne Gebietsänderung in das gleichnamige Amt Hennef umgewandelt. Bei der Reichstags- und Landtagswahl am 20. Mai 1928 warben insgesamt 14 beziehungsweise 17 Parteien und Wählergruppen um die Stimmen der Wähler und Wählerinnen. Im Amt Hennef entfielen auf die Zentrumspartei 1483 beziehungsweise 1470 und auf die Sozialdemokratische Partei Deutschlands 737 beziehungsweise 733 Stimmen. Für die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei entschieden sich 11 beziehungsweise 4 Wahlberechtigte.
Die Kommunalwahlen am 17. November 1929 veranschaulichten eindrücklich die Unzufriedenheit einiger Ortsteile mit dem Zentralort. In der Gemeinde Geistingen bildeten sich Wählergemeinschaften, in der sogenannten Obergemeinde mit Dambroich, Rott, Söven und Westerhausen die Bergpartei, die 605 Stimmen erbrachte, und die Wählergruppe, auf die 283 Stimmen entfielen. Außer dem Zentrum mit 917 Stimmen der Sozialdemokratischen Partei mit 363 Stimmen verzeichneten der Gewerbliche Mittelstand 428, die Allgemeine Bürgervereinigung Hennef 185 und die Volksgemeinschaft 189 Stimmen. Anlässlich der Wahlen zum Reichstag am 14. September 1930 meldeten sich erstmals die Nationalsozialisten mit einer öffentlichen Versammlung zu Wort. Im Amt Hennef entfielen 472 Stimmen auf die NSDAP gegenüber 1749 Stimmen auf das Zentrum und 650 Stimmen auf die SPD. Das Amt Hennef hatte im Jahre 1930 insgesamt 8345 Einwohner. Es herrschte große Arbeitslosigkeit und äußerste Not.
Die war so schlimm, dass man eine „Notgemeinschaft“ zur Unterstützung der Bedürftigen einrichtete. In dieser Zeit schlossen sich einige Bürger in Hennef, der geistigen und sozialen Verelendung gerade junger Menschen entgegenzuwirken.

Die Gründung des Katholischen Gesellenvereins Amt Hennef

Die schlimmen zwanziger und dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts zerrütteten weithin das gesellschaftliche Leben. Insbesondere die Arbeiterschaft litt unter der Arbeitslosigkeit, dem wirtschaftlichen Niedergang und dem unermesslichen Elend. Zwar versuchten bereits 1902 die Arbeiter, ihre Forderungen nach gerechtem Lohn und besseren Arbeitsbedingungen durch den Zusammenschluss im christlich sozialen Metallarbeiterverband durchzusetzen. Die Arbeitgeber drohten jedoch mit der sofortigen Kündigung.
1905 scheiterte ein zweiter Versuch, einen Ortsverein dieser Gewerkschaft zu gründen. 1919 entstand die Arbeiter-Vereinigung Hennef im Zeichen der neuen Demokratisierung, die sich dem katholischen Zentrum verbunden sah. Diese Gruppe befand sich im Wettbewerb mit dem sozialdemokratischen Verein der Ortsgruppen Hennef und Geistingen.
In der Zeit der allgemeinen Wirrnisse nach dem Weltkrieg beobachteten katholisch ausgerichtete Bürger, das Fehlen einer kirchlichen Jugendseelsorge in den Pfarreien Hennef, Geistingen und Warth unter den Zeichen der bedrückenden sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten. Man beklagte vor allem die Betätigung der Jugend in Gesangvereinen, Sportvereinen und politischen Gemeinschaften und den Mangel an religiöser Unterweisung. Nach mehr als zehnjährigen Bemühungen bereiteten der Architekt Heinz Nicolas und der Malergehilfe Carl Decker jr. am 5. September 1930 die Gründung des “Katholischen Gesellenvereins Amt Hennef“ vor. Am 9. September 1930 fand die Gründungsversammlung im Saal der Gastwirtschaft Dreiskemper in der Beethovenstraße in Geistingen statt. Der Senior des Siegburger Gesellenvereins Windheuser und der Schriftführer des Oberpleiser Gesellenvereins Fuchs klärten über den Sinn und Zweck des Vereins auf. Von den 50 erschienenen Personen traten 34 Gesellen und Handwerksmeister dem Verein bei. Die Wahl zum ersten Vorstand ließ die Stelle des Präses, die mit einem Geistlichen zu besetzen war, offen. Die notwendigen Ämter des Vizepräses übernahm Heinz Nicolas, das des Seniors Carl Decker jr. Als Schriftführer stellten sich Hans Häuser, als Kassierer Peter Bellinghausen und als Beisitzer Peter Bolz, Willi Wuddel, Josef Krumbach und Josef Lambertz zur Verfügung. Die Pfarrer von Hennef, Geistingen und Warth weigerten sich, den neuen Gesellenverein anzuerkennen, weil dieser ohne ihre Mitwirkung entstanden war. Aus diesem Grund blieb diese Position unbesetzt. Die Anreger und Gründer des Gesellenvereins waren Laien, deren Unbeirrbarkeit und Tatkraft schließlich zum Erfolg führte.

Die Gemeinschaft unterstellte sich den Zielen, die in den Grundsätzen des katholischen Gesellenvereins 1925 festgelegt worden waren. Die Zweckbestimmung war auf die Merkworte „Religion und Tugend, Arbeitsamkeit und Fleiß, Eintracht und Liebe, Frohsinn und Scherz“ ausgerichtet. Der Gruß sollte lauten: „Gott segne das ehrbare Handwerk!“ und die Antwort: „Gott segne es!“. Die erste Versammlung am 25. September 1930 in der Berufsschule in Hennef verpflichtete sich auf diese Grundsätze. 71 Mitglieder waren anwesend und lauschten dem Vortrag von Berufsschuldirektor Peter Kügelchen über die Zukunft des aufstrebenden Handwerksgesellen und dem Beitrag des Sekretärs vom Generalsekretariat des Gesamtvereins in Köln über die Lebensgeschichte Adolph Kolpings, das Wesen und die Ziele des Vereins und die christliche religiöse Grundlage“. Die Anerkennung als eine offizielle Aktion blieb im Blick.

Den gedanklichen Hintergrund der Vereinsgründung in Hennef bildeten die Aktivitäten des „Gesellenvaters“ Adolph Kolping (1813-1865). Als ehemaliger Schustergeselle erfuhr er die religiöse, seelische und soziale Not der wandernden Handwerker in der aufkommenden industriellen Gesellschaft. Als Priester entschloss er sich zum Handeln und rief 1849 den katholischen Gesellenverein ins Leben, der sich zum Vorbild für zahlreiche weitere Gründungen und schließlich zum Grundstein des „Kolpingwerks“ entwickelte“. Der „katholische Gesellenverein des Amtes Hennef übernahm von Anfang an den straffen Aufbau und die strenge Organisation des Gesamtvereins. Die Mitgliedschaft stand jungen unverheirateten Männern im Alter von 17 bis 35 Jahren offen. Verheiratete, selbständige Meister und Mitglieder über 35 Jahre gehörten
zum sogenannten Altkolping. Verlangt wurde ein eindeutiges Bekenntnis zu den Grundwerten der Kolpinggemeinschaft. Mitglieder, die nach dem 30. Dezember 1930 eingetreten waren, mussten eine Probezeit einhalten und wurden durch einen „Führer“ eingewiesen. Wer an verbindlichen Veranstaltungen nicht teilnahm und als „lau“ eingestuft wurde, dem wurde das Wanderbuch entzogen. Arbeitslosen Mitgliedern kam man mit einer Beitragsermäßigung entgegen“. Der Gesellenverein verstand sich als eine soziale Gemeinschaft“. Seine Aufgabe erblickte er in der Anregung und Pflege eines religiösen und bürgerlichen Lebens.
Die Gründung des Kolpingvereins geschah nicht ohne Schwierigkeiten. Die Pfarrer von Hennef, Geistingen und Warth, und zwar Heinrich Hochköpper, Dr. August Löhr und Reiner Schüller verweigerten ihre Anerkennung, weil sie nicht um ihre Anerkennung gebeten wurden und darin eine Missachtung sahen. Pfarrer Schüller verweigerte anlässlich der gemeinsamen Osterkommunion die Bereitstellung von Bänken und die Austeilung des Sakraments und stellte die anwesenden 57 Gesellen und einige Meister auch nicht seiner Gemeinde vor, da es sich um Angehörige einer „politischen Partei“ handele*. Schließlich konnte der Streit beigelegt werden.

 

Die Aktivitäten des Gesellenvereins

Die „Grundsätze des katholischen Gesellenvereins“ aus dem Jahre 1925 bestimmten die Organisation des Ortsvereins. Die Stelle des Präses, die stets von einem Geistlichen wahrzunehmen war, blieb bei der Gründung am 9. September 1930 offen. Die Leitung lag daher in Laienhänden. Die Aufgabe des Vizepräses übernahm der Architekt Heinz Nicolas“. Der Versuch, den Hennefer Pfarrer Professor Heinrich Hochköpper am 7. April 1931 zum Präses zu wählen, scheiterte. In der geheimen Wahl stimmten 6 Mitglieder für den Kandidaten, 33 dagegen. Als Argument wurde behauptet, wenn der Pfarrer von Hennef gewählt würde, sei der Verein nicht mehr lebensfähig. Hilfe in dieser verfahrenen Lage suchte man am 22. April 1931 beim Generalsekretär des Gesamtvereins in Köln.
Dr. Nattermann schlug vor, in einem solchen Ausnahmefall dem Vizepräses das Amt des Präses zu übertragen. Schließlich verständigte man sich auf eine einvernehmliche Lösung. Pfarrer Professor Hochköpper wurde am 28. Juni 1931 einstimmig zum Präses gewählt. Als Vizepräses trat ihm Pater Dr. Heinrich Geilen vom Kloster der Redemptoristen in Geistingen zur Seite, Die Einführung der geistlichen Leiter erfolgte am 13. Juli 1931 in einer Feierstunde. Der katholische Gesellenverein wurde in den Reden als „Garde, als Rückgrat der hiesigen Pfarreien“ bezeichnet.
Seit seiner Gründung hatte sich die Mitgliederzahl innerhalb der letzten zehn Monate von 34 auf das Doppelte gesteigert. Die weitere Arbeit oblag dem Senior und dem Vorstand. Für die Vertretung der Interessen in der Öffentlichkeit wurde ein sogenannter Schutzvorstand aus Bürgern gebildet, die nicht durch eine Mitgliedschaft gebunden waren. An diesem Beirat beteiligten sich die Herren Baldus, Rosen, Thomas, Weber und Wolf.

Der Verein entwickelte von Anfang an eine rege Tätigkeit. Der Vorstand traf sich häufig zur Besprechung und Planung der alltäglichen Notwendigkeiten und der Veranstaltungen. Von Bedeutung waren die jährlichen Vollversammlungen, die immer wieder die Ziele des Vereins in den Vordergrund stellten und gegebenenfalls mit der Neuwahl des Vorstands verbunden waren. Auf der Jahreshauptversammlung am 17. Januar 1932 wurde nicht nur der Erfolge seit der Gründung gedacht, sondern es wurde auch die „grenzenlose wirtschaftliche Not“ angesprochen, die vor allem die Handwerksgesellen betraf, die zu 60 Prozent im Baugewerbe arbeiteten. Darüber hinaus erinnerte man an die Bestimmung, „kernigem, lebensgestaltendem Christentum (zu) erziehen“. Die Stärkung des religiös-sittlichen Verhaltens wurde immer wieder betont.

In diesem Zusammenhang besaß die monatliche Vereinskommunion einen besonderen Rang, die in den Pfarrkirchen von Hennef, Geistingen und Warth stattfand. An der zweiten Kommunion am 28. Dezember 1930 nahmen 53 von 63 aktiven Mitgliedern teil”. Religiöse Vorträge sollten das Glaubenswissen vertiefen. Pfarrer Professor Hochköpper zum Beispiel sprach über „Die enge Lebensgemeinschaft mit Christus dem Erlöser“.

Pfarrer Johannes Rings aus Seligenthal befasste sich am 4. Mai 1931 mit dem „Okkultismus“ und am 1. Juni 1931 mit dem „Spiritismus“. Die Außendarstellung des Gesellenvereins war ebenso in der Teilnahme an der Prozession am Christi-Himmelfahrts-Tag in Geistingen am 14. Mai 1931 und an der Fronleichnamsprozession in Hennef am 4. Juni 1931 mit 41 Mitgliedern sichtbar. Es beteiligten 37 Mitglieder aus Hennef, Warth und Söven, nur 4 jedoch aus Geistingen.

Eine wichtige Aufgabe sah der Gesellenverein in der allgemeinen religiösen sowie der beruflichen Bildung seiner Mitglieder. An jedem ersten und dritten Montag im Monat fanden zu diesem Zweck Vorträge statt, die im Wesentlichen von Lehrern der Berufsschule Hennef bestritten wurden. Zu Beispiel sprach Berufsschuldirektor Kügelchen am 20. Oktober 1930 über den Versailler Vertrag und seine wirtschaftlichen Folgen für das Volk. Gewerbeoberlehrer Weber behandelte das Thema „Arbeitsgericht“.

Vizepräses Dr. Geilen erläuterte am 10. März 1932 die Entstehung und Entwicklung der NSDAP. Diplom-Handelslehrer Ermert berichtete über das „Deutschtum im Ausland“. Architekt Nicolas stellte die künstlerischen Stilarten dar. Die erwerbslosen Mitglieder fanden Gelegenheit, sich theoretisch weiter zu bilden. Dienstags, donnerstags und freitags wurden von 15 bis 18 Uhr Fach- und Zeichenkurse angeboten kostenlos statt. Die Veranstaltungen wurden rege wahrgenommen.
Der Gesellenverein war durchaus auf seine Außenwirkung über die Vortragstätigkeit hinaus bedacht. Das erste Stiftungsfest wurde am 13. September 1931 mit der gemeinsamen Kommunion am Morgen und abends mit einem Konzert und Tanz begangen. Die Gesellen beteiligten sich an der Abrüstungskundgebung am 23. Februar 1932 in Siegburg, Desgleichen veranstaltete der Verein eine große Kundgebung am 5. Dezember 1932 im Saal Wingen mit Musik, Reden und Theatereinlagen wie „Schaffende Jugend in Not oder „Der Weg zum Ziel“. Einen Einblick in das praktische Berufsleben vermittelten die Ausstellungen mit Arbeiten der Gesellen, etwa am 4. und 5. Dezember 1932 im Saale Wingen. Bereits am 3. November 1930 fanden sich 25 Sänger in einem Gesangsquartett unter der Leitung von Hauptlehrer Lückerath zusammen. Ein kleines Orchester aus Vereinsmitgliedern entstand am 6. Dezember 1930. Am 5. November 1931 bildete sich eine Theatergruppe. Das Interesse der Mitglieder wurde auf vielfältige Weise angesprochen.

Ein weiteres besonderes Anliegen fand man in der Pflege von Gemeinschaft und Freundschaft. Jeden Sonntag traf man sich zu geselligen Abenden. Die Nikolausfeiern wurden als besinnliche und fröhliche Ereignisse gestaltet”. An Karneval wurde ein Bunter Abend als Familienfest mit Musik, Bühnen- und Büttenvorträgen aufgezogen. Wanderungen führten in die Baumblüte, ins Siebengebirge oder nach Linz am Rhein. Immer blieb das Gemeinschaftserlebnis im Blick. In diesem Sinne strebte man auch einen festen Versammlungsort an. Das Lokal Dreiskemper an der Beethovenstraße ließ sich vorläufig für die Zwecke des Gesellenvereins nutzen. Im Februar 1932 wurde dann der Antrag auf den Bau eines Jugendheims gestellt. Der Kirchenvorstand der Pfarrei St. Simon und Judas in Hennef beschloss daraufhin die Pacht der Räumlichkeit Dreiskemper und den Umbau zu einem Jugendheim. Das Vorhaben wurde nicht mehr verwirklicht.

Der Gesellenverein in der politischen Auseinandersetzung

Am Beginn des Jahres 1932 geriet der Gesellenverein in die politische Auseinandersetzung, obwohl der Vorstand es ablehnte, in den Versammlungen und in den Vorträgen über Politik zu reden und man nach den Grundsätzen Adolph Kolpings nicht als politischer Verein verstand. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSDAP, deren Ortsgruppe Hennef sich am 15. November 1930 gebildet hatte, griff den Vorstand wegen seiner Nähe zur katholischen Zentrumspartei an. Diese Beziehung aber erklärte sich aus der Tatsache, dass das Zentrum als einzige Partei in Hennef den Wunsch nach einem Jugendheim unterstützte. Außerdem wandte sich die NSDAP gegen die Vortragstätigkeit von Berufsschuldirektor Kügelchen und seiner Kollegen in den Veranstaltungen des Gesellenvereins. Die Vollversammlung der Gesellen beschloss darum, keine Anhänger der NSDAP in ihre Gemeinschaft aufzunehmen. Vorstand und Verein fühlten sich von den Angriffen „belästigt“.
Voraus gingen diesen Streitigkeiten indessen bereits Querelen mit dem Hennefer Pfarrer Professor Hochköpper. Als die Ortsgruppe des NSDAP in Hennef plante, an einem sogenannten „Deutschen Tag“ am 15. März 1931 einen geschlossenen Kirchgang“ in der Pfarrkirche St. Simon und Judas durchzuführen, lehnte Pfarrer Hochköpper dieses Ansinnen ab, da er nicht dulden könne, dass geschlossene Kolonnen und Fahnen den Kirchenraum beträten. Gleichzeitig beantragte er Polizeischutz. Dieses Verhalten bedachte die NSDAP mit heftiger Kritik, wonach „deutschen Katholiken“ der „Gottesdienstbesuch in Gemeinschaft durch politisierende Geistliche verboten (würde), nur weil es sich nicht um die Zentrumspartei handelte“. Ähnlich verhielt sich Pfarrer Hochköpper beim Tod des am 26. August 1932 verstorbenen Parteigenossen Toni Dornbusch, indem er die kirchliche Beerdigung an die Bedingung knüpfte, auf die Teilnahme seiner politischen Freunde zu verzichten. Den Nationalsozialisten unter der Leitung des Sturmbannadjutanten Heinz Naas wurde daraufhin nach ihrem Urteil unter dem „zwangsweisen Einfluß des allerchristlichen Pfarrers die Teilnahme an der Beerdigung versagt”. Der Gesellenverein behielt trotz mancher Anfeindungen sein geplantes Programm bei. Am 4. und 5. Dezember 1932 führte er unter dem Motto „Gott segne das ehrbare Handwerk“ eine Ausstellung im Saal Wingen durch, die Musterstücke aus allen Berufen der Öffentlichkeit bekannt machte. An dem geschlossenen Kirchenbesuch und der Kommunion am 12. Oktober 1932 nahmen 61 Gesellen und Inaktive teil. Die Nikolausfeier fand am 11. Dezember 1932 statt. Berufsschuldirektor Kügelchen referierte am 11. Dezember 1932 über die Folgen des Versailler Vertrags. Der Bunte Abend im Saal Wingen am 12. Februar 1933 lief mit Elferrat, Narrenschiff, Vorträgen, Gesangsvorträgen und Ordensverleihungen ab.
Die sogenannte „Machtergreifung“, die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933, hatte zunächst für den Gesellenverein in Hennef noch keine unmittelbaren Auswirkungen. Am 17. März 1933 beteiligten sich 58 Gesellen und einige Meister an der gemeinschaftlichen Kommunion in Geistingen und am Morgenkaffe im Vereinslokal. Gleichzeitig wurden 10 neue Mitglieder feierlich aufgenommen. Es machten sich aber auch schon die Zeichen der politischen Veränderung bemerkbar. Bei der „Nationalen Kundgebung“ am 17. März 1933 war der Gesellenverein vollzählig vertreten. Anlässlich der Generalversammlung am 15. Mai 1933, an der 56 Mitglieder teilnahmen, wurden die neuen politischen Einflüsse deutlich.
Präses Professor Hochköpper machte Ausführungen über „die nationale und aufbauwillige Gesinnung des katholischen Gesellentums“ und suchte damit vorsichtige Anknüpfungen an die sich entwickelnde politische Meinung. Architekt Nicolas forderte die Gesellen auf, „einmütig ein neues Treuegelöbnis abzulegen“. Senior Carl Decker ersuchte die Gesellen, weiterhin dem katholischen Verein treu zu bleiben. Die Verunsicherung der Vereinsführung ließ sich nicht überdecken.

Die Beschränkungen der Vereinsarbeit wurden immer bedrückender und erreichten alsbald einen vorläufigen Höhepunkt. Unter dem 16. Juni 1933 beschrieb der Schriftführer Hans Gratzfeld die Lage unumwunden auf diese Weise: „Infolge der nationalen Revolution können wir kein Sommerprogramm aufstellen. Da es den Herren, die bis jetzt in unserem Verein Vorträge gehalten, untersagt wird bei uns zu sprechen. Wir bedauern es, daß man uns als staatsfeindlich ansieht. Wir haben den ehrlichen Willen am Aufbau des Vaterlandes mitzuhelfen. Das beweist schon die Tatsache, dass wir, wo 70% unserer Mitglieder arbeitslos sind, nicht verzagen und uns durch Vorträge und Belehrungsabende weiterbilden, um nicht im Beruf zurückzubleiben, um innerlich über die misslichen Verhältnisse hinwegzukommen“. Am 15. Juni 1933 nahm der Verein noch geschlossen an der Fronleichnamsprozession teil.
Wenige Tage später wurden am 1. Juli 1933 auf Anordnung des kommissarischen Bürgermeisters und Ortsgruppenleiters der NSDAP Heinz Naas der Verein aufgelöst und das Banner und die Kasse sowie Schriftstücke beschlagnahmt”. Trotz der Auflösung des Vereins nahmen am 2. Juli 1933 etwa 60 Mitglieder an der Vereinskommunion teil. Pfarrer Professor Hochköper, Carl Decker und Heinz Nicolas reisten am 3. Juli 1933 nach Köln und verlangten beim Generalsekretariat des katholischen Gesellenvereins Maßnahmen gegen die “Anordnungen des Bürgermeistes”.
Auf Grund der Verfügung des Reichskanzlers Adolf Hitler vom 7. Juli 1933 erhielten die katholischen Vereine ihre Rechte zurück. Die Auflösung wurde aufgehoben und das Vereinseigentum zurückerstattet. In der Generalversammlung am 28. September 1933 machte Präses Professor Hochköpper auf die Schwierigkeiten aufmerksam, den Verein am Leben zu erhalten. Von den anwesenden 42 Mitgliedern sprachen sich 32 für das Weiterbestehen und 2 gegen den Fortbestand aus. Das Stimmenergebnis wurde als Zeichen für die innige Verbundenheit mit den Gedanken Adolph Kolpings und der Gemeinschaft gedeutet. Carl Decker wurde zum Ehrensenior ernannt und mit einer Kolpingbüste für seine Verdienste geehrt. Seine Nachfolge trat Josef Ortsiefer an. Die politischen Widrigkeiten trafen den Gesellenverein empfindlich. Die im Amt Hennef tätigen Parteien wurden nach dem „Gesetz gegen die Neubildung von Parteien“ verboten. Am 22. Juni 1933 wurde die SPD für unerlaubt erklärt.
Die Zentrumspartei kam dem drohenden Verbot durch die Selbstauflösung am 5. Juli 1933 zuvor. Die demokratische Grundlage des Staatswesens verschwand. Aus Anlass des Kolpinggedenktages und der Nikolausfeier am 3. Dezember 1933 kamen die Gesellen und Meister nach der gemeinsamen Kommunion im Pfarrheim zu einem schlichten Treffen zusammen. Pater Dr. Geilen und Heinz Nicolas behandelten in ihren Reden das Leben, Wollen und Wirken Adolph Kolpings und zogen eine Parallele zu Adolf Hitler.
Sie entdeckten gemeinsame Linien im Wollen und Streben der beiden „großen Volksführer“. Beide suchten die Volksgemeinschaft und den Arbeiterstolz zu hegen und zu pflegen. Beide schworen dem Individualismus der schrankenlosen Selbstsucht ab. Dies alles wurde, so der Protokollbuchschreiber Hans Gratzfeld, in der Feierstunde den Zuhörern klar vor Augen gestellt. Die Hoffnung, sich durch solche Worte dem nationalsozialistischen Allmachtsanspruch entziehen zu können, erfüllte sich nicht. Die Tätigkeit des Gesellenvereins, der sich seit 1933 „Deutsche Kolpingsfamilie“ nannte, wurde auf den innerkirchlichen Raum beschränkt. Durch die staatspolizeiliche Anordnung vom 29. Mai 1934 wurde den konfessionellen Vereinigungen jede öffentliche Betätigung nicht rein kirchlicher Art verboten. Bereits im April 1934 ließ die nationalsozialistische Arbeitsorganisation unter der Leitung von Dr. Robert Ley, die Deutsche Arbeitsfront DAF, die doppelte Mitgliedschaft in diesem Verband und in dem Gesellenverein nicht mehr zu. Das Winterprogramm 1934/1935 wurde noch durchgeführt. Das Sommerprogramm kam wegen der örtlichen Schwierigkeiten nicht mehr zustande. Auf die übliche karnevalistische Sitzung wurde wegen der hohen Steuerlast verzichtet. In der Generalversammlung am 24. Juni 1925 wurde Pater Dr. Geilen nach einem Vortrag über das „Papsttum“ verabschiedet und Kaplan Karl Heinz Bergmann zum Präses gewählt. Am 8. September 1935 unternahm der Verein nach der gemeinschaftlichen Kommunion aus Anlass des fünften Stiftungsfestes in der Warther Pfarrkirche eine Wanderung nach Oberpleis. Mit dieser Mitteilung enden die Aufzeichnungen im Protokollbuch des Katholischen Gesellenvereins Amt Hennef. Es kam zu behördlichen Vernehmungen und Hausdurchsuchungen bei einzelnen Mitgliedern. Von der örtlichen Parteileitung der NSDAP wurde jede weitere Tätigkeit in der Öffentlichkeit am 5. Oktober 1935 untersagt. Seit 1936 war die Mitgliedschaft in den Jugendorganisationen der NSDAP ohne jede Ausnahme verpflichtend. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 wurden fast sämtliche Mitglieder zum Wehrdienst eingezogen.

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg brachte vielfältige Not mit sich. Unter Theodor Reuter, Pfarrer an St. Simon und Judas in Hennef, suchte man einen Neubeginn der Kolpingfamilie. 1950 übernahm der Religionslehrer Anton Stüsser das Amt des Präses. Der Vorstand bemühte sich, an die Gepflogenheiten der Vorkriegszeit mit den Veranstaltungen anzuknüpfen.

Der „Katholische Gesellenverein Amt Hennef“ entstand und wirkte in einer Zeit tiefen politischen Zwiespalts, außerordentlicher Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niedergangs. Von zwei tatkräftigen Männern, von dem Architekten Heinz Nicolas und dem Malergehilfen Carl Decker jr. gegründet, strebte die Gemeinschaft die religiös-sittliche und berufliche Weiterbildung der jugendlichen Handwerker konsequent an. Nur wenige Jahre von 1930 bis 1935 gelang es dem Verein, seine Ziele weitgehend ungestört zu verfolgen. Die nationalsozialistischen Übergriffe verdrängten den Gesellenverein aus der Öffentlichkeit und lähmten seine Wirksamkeit bis zur Auflösung.
Wie die Wiederbegründung nach dem Zweiten Weltkrieg bewies, hatten die Ideale des Gesellenvaters Adolph Kolping ihre Vorbildhaftigkeit nicht eingebüßt.

 

Der Vortrag wurde in Band 14 der Beiträge zur Geschichte der Stadt Hennef des VVV veröffentlicht.