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Kolpingsfamilie

Hennef

Portrait Adolf Kolping
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75 Jahre: Kolpingsfamilie Hennef würdigt das Bonner Grundgesetz

veröffentlicht am

Grundrechte sind angeboren und müssen nicht erst verliehen werden

Warum finden mehr als 80 Prozent der Deutschen das Grundgesetz gut? Dieser Frage ist die Kolpingsfamilie Hennef am 22. Mai nachgegangen – 75 Jahre nach der Einigung des Parlamentarischen Rates am 8. Mai 1949, der Zustimmung durch die Militärgouverneure der drei westlichen Besatzungsmächte und der Zustimmung der Bundesländer trat es am 24. Mai 1949 inkraft.
Warum ist es so beliebt? Warum bedurfte es keiner Überarbeitung und nur kleinerer Anpassungen in diesem langem Zeitraum? Ganz einfach: Es ist gründlich durchdacht und sehr bürgerfreundlich!
Der Terror des Nationalsozialismus und die Zerstörungen des Weltkrieges hatten die Mütter und Väter des Grundgesetzes gelehrt, sehr weitsichtig zu sein und aus den Schwächen der Weimarer Republik zu lernen.
So begann der Vortrag von Martin Grünewald, gelernter Jurist mit besonderem Interesse am Verfassungsrecht, mit Fotos vom zerstörten Köln. Der frühere Chefredakteur des Kolpingmagazins wusste auch über die Mitwirkung engagierter Kolpingmitglieder zum politischen Wiederaufbau des Landes zu berichten: Am 16. und 17. Juni wurde in Berlin und Köln die CDU Deutschlands gegründet – an beiden Orten unter Beteiligung von Kolpingsöhnen. In Köln erfolgte der Gründungsakt im Kolpinghaus an der Breite Straße; immerhin die Hälfte der Gründer dort gehörten dem Kolpingwerk an, darunter der Leiter der Programmkommission, der Zentrumsabgeordnete Leo Schwering.
Die Mitglieder des Parlamentarischen Rates schufen einen freiheitlichen Rechtsstaat mit hoch wirksamen Grundrechten, die sie in fundamentaler Weise im Grundgesetz verankerten. Die Grundrechte binden alle Staatsgewalt als unmittelbar geltendes Recht (Art. 1 Abs. 3). Durch ihre starke Verankerung verpflichten sie unmittelbar jeden Beamten – ob nun bei der Polizei oder beim Finanzamt, bei jedem Eingriff auf den Bürger. Mehr als „unmittelbar“ ist nicht möglich.
Mit den Grundrechten (Artikel 1 bis 19) wurde nicht nur der Handlungsspielraum der Bürger maximal erweitert, was eine Grundlage für das „Wirtschaftswunder“ der Nachkriegszeit mit dem jahrzehntelang wachsenden Wohlstand schuf, sondern sie verankerten auch das Sozialstaatsprinzip in Art. 20 GG. Freiheit und soziale Sicherheit sind aufeinander angewiesen.

Das Grundgesetz beginnt bereits mit einem Paukenschlag: Nach der bekannten Präambel „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“ erklärt Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Damit wird deutlich: Die deutsche Verfassung verfügt über zwei Wurzeln, aus denen sie hervorgegangen ist: das christliche Abendland und die Aufklärung.
Aus beiden Wurzeln leitet sich die Idee der universell geltenden Menschenrechte ab, die im Naturrecht verankert sind. Die Menschenrechte werden also nicht erst verliehen – sie gehören vielmehr unverfügbar zu jedem Menschen.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (UN-Charta) leitet sich ebenfalls aus dem Naturrecht ab. Deshalb beginnt sie mit dem Satz: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Damit bekennen sich die Vereinten Nationen zum Naturrecht – zum natürlichen Recht, über das jeder Mensch (spätestens) von Geburt an verfügt und das ihm niemand nehmen kann.
Das Grundgesetz stellt deshalb die Grund- und Menschenrechte über die Mehrheiten im Bundestag. So bestimmt Art. 19 Abs. 2 GG: „In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden“. In Art. 79 Abs. 3 haben die „Mütter und Väter des Grundgesetzes“ u.a. das Grundrecht auf Menschenwürde mit einer „Ewigkeitsgarantie“ ausgestattet, das nicht durch parlamentarische Mehrheiten abgeschafft werden kann.

Das Verhältnis zwischen Staat und den Kirchen hat sich entkrampft. Beide sind jeweils unabhängig, bleiben aber kooperationsbereite Partner. Der Staat weiß: Die Kirchen tragen nicht nur zum Zusammenhalt und Wertebewusstsein bei, was sich daran zeigt, dass Kirchenmitglieder überdurchschnittlich ehrenamtlich tätig sind. Die Kirchen und ihre Organisationen gehören auch zu den wichtigsten Akteuren im Sozialstaat und Bildungssystem. In Art. 140 GG sowie in sowie derzeit 17 gültigen Konkordaten und Staatskirchenverträgen werden ihre Rechte geregelt.

Die Teilnehmer des Informations- und Gesprächsabends der Kolpingsfamilie zeigten sich dankbar für die teils unerwarteten Impulse und begrüßten das Format der Bildungsveranstaltung, das durch eine Beamer-Präsentation allgemein verständlich vorgetragen wurde.