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Die Chronik des Katholischen Gesellenvereins Steele-Zentral im Wandel der Jahrhunderte

                         

                                 

Mit freudigem Herzen und innigem Dank gegen Gott rüstet sich die Kolpingsfamilie Essen-Steele-Zentral zur 150jährigen Jubelfeier ihres Bestehens. 150 Jahre Kolpings Geist in über 1000jähriger Heimatgeschichte! Es lohnt sich schon, in der heutigen ruhelosen Zeit für einen Augenblick innezuhalten und in der Chronik unserer wechselvollen Vereinsgeschichte ein wenig zu blättern. Auf den ersten Blick ersieht man, dass die katholische Gemeinde von Steele schon verhältnismäßig früh den Grund zu Kolpings Werk legte. Die Gründung fällt in die Zeit der Entstehung des Verbandes überhaupt. So ist es auch zu verstehen, dass Kolping selbst persönlich dabei mitgewirkt hat, als es sich darum handelte, im alten Steele einen Gesellenverein zu gründen. Es war im Jahre 1854, als der damalige in Steele tätige Vikar Badenheuer, ein überzeugter Kolpingfreund, im Verein mit einigen Handwerksmeistern den Wunsch aussprach, im katholischen Steele auch einen Gesellenverein ins Leben zu rufen, zumal im benachbarten Essen ein solcher bereits seit dem Jahre 1852 bestand und schon segensreich wirkte. Sie weihten andere begeisterte Kolpingsjünger in ihren Plan ein und regelten dann die Vorarbeiten für die Gründung. Bald konnte der Grundstein endgültig zu dem Werke gelegt werden. Dazu war der 8. Dezember des Jahres 1854 ausersehen, jener Tag, an dem 41 Jahre zuvor in Kerpen unser Gesellenvater Adolph Kolping das Licht der Welt erblickte. In schlichter Form vollzog sich der Gründungsakt im alten Gildenhaus Nienhausen in der Stadengasse. Es wechselten ernste und heitere Worte, die ihren Ausklang in dem Gelöbnis fanden, ?Treu in Freud und Leid zu Vater Kolping und seiner Fahne?. Gerne und freudig übernahm Vikar Badenheuer das Amt des ersten Präses. Er verstand es, alle für Kolpings Werk zu begeistern. Als sie voneinander schieden, erschallte erstmalig durch den Versammlungsraum der herzinnige Gruß: ?Gott segne das ehrbare Handwerk! Gott segne es!? Bald nach diesem Tage kam Kolping persönlich nach Steele, um dem Verein bei der Einrichtung zu helfen. Wie freute sich die kleine Schar, ihren Stifter sehen zu dürfen. Ihre Begeisterung kam dadurch zum Ausdruck, dass sie ihm bei der Abreise versprachen, treu zu seinem Werke zu stehen. Die von ihm mitgebrachte und eigenhändig unterschriebene Gründungsurkunde hat folgenden Wortlaut: ?Gott segne das ehrbare Handwerk!? D i p l o m Für den katholichen Gesellen Verein Zu Steele Der katholische Gesellenverein zu Steele wurde gegründet am 8. Dez. 1854, in den allgemeinen Verband der katholischen Gesellenvereine durch Beschluß des Central-Vorstandes zu Cöln am 28. Dezember 1854 aufgenommen und hat sich damit an die treue gewissenhafte Befolgung der allgemeinen Statuten des katholischen Gesellenvereins, wie solche nach vorhergehender Berahtung durch den Central-Vorstand publiciert worden sind und publiciert werden, verpflichtet. Gott zur höchsten Ehre, dem Handwerk zu segensreichem Aufblühen, wurde unter dem Patronate des hl. Nährvaters Joseph der katholische Gesellenverein gegründet. Sein Fundament ist der katholische Glaube, ehrenhafte christliche Sitte der Mitglieder, seine Würde, brüderliche Eintracht, sein Ehrenzeichen, gegenseitige Hülfe in Noth und Bedrängniß, besondere Liebespflicht, tüchtiges Schaffen und Wirken im Berufskreise, das Ziel gegenseitiger Ermunterung. Ein christlicher, wackerer Gesellenstand soll und will durch Tugend und Fleiß einst in der Bürgerschaft sich einen ehrenwerten Meisterstand erobern. Darum halten die Mitglieder des katholischen Gesellenvereins die Religion heilig, die Sitte rein, die Ehre des Mannes und des Gewerbes hoch, und reichen sich überall die brüderliche Hand, damit sich aufrichte, wer darnieder gesunken und muthig stehenbleibe und weiterschreite, wer den Weg der guten Sitte und der Ehre betreten. Unter dem Segen Gottes und dem Schutze des hl. Nährvaters Joseph wachse und gedeihe der katholische Gesellenverein zu Steele Der Central-Vorstand Adolph Kolping Das seit Jahrhunderten fest geschlossene städtische Gemeinwesen und die frühere Blüte des Handwerkerstandes begünstigten sehr die Entwicklung des jungen Vereins, der sich schon bald das Wohlwollen der Bürgerschaft erwarb. Bald herrschte dann auch reges Leben. Großer Wert wurde wegen ihrer Bedeutung für den jungen Menschen auf das Einhalten der religiösen Pflichten gelegt. In den sonntäglichen Versammlungen wurden Vorträge ernsten und heiteren Inhalts gehalten. Aber auch der Frohsinn fehlte nicht. Die älteren Mitglieder hatten samt und sonders die Fremde durchwandert, Land und Leute kennen gelernt, Freuden und Leid der Wanderschaft durchkostet und so stand ihnen ein reicher Schatz von Lebenserfahrung zur Verfügung. aus diesem Born konnten sie in trauten Gesprächen schöpfen. Das waren dann genussreiche Stunden für die jungen Gesellen und sie bekamen dadurch Winke und Belehrung für ihre sittlich-religiöse Lebensführung und die berufliche Weiterbildung. Bald wurden auch Fortbildungskurse eingerichtet. Gern und freudig stellten sich Lehrer und Meister zur Verfügung, um den aufwärts strebenden Gesellen Unterricht im Handwerk zu geben. Das schönste Verhältnis herrschte im Verein. Meister und Gesellen waren ein Herz und eine Seele. Dieses harmonische Vereinsleben wurde jäh getrübt durch den Tod Vater Kolpings am 4. Dezember 1865. An seinem feierlichen Begräbnis nahmen alle Mitglieder teil, die abkommen konnten. Der beste Freund der Gesellen war hinübergeschlummert in eine andere Welt. Doch treuer und gefestigter denn je standen alle zu seiner Fahne. Für den Verein war dieses Jahr noch von Bedeutung, da der erste Präses von Steele abgerufen wurde. Was Präses Badenheuer für den Verein war, ist klar zu ersehen. Aus Liebe zum Werke Kolpings hat er mitgeholfen, den Verein ins Leben zu rufen und in elfjähriger Leitung auf eine beachtenswerte Stufe zu bringen. Kein Wunder, dass ihm der Abschied schwer fiel und die Meister und Gesellen ihn ungern scheiden sahen. An seiner Stelle übernahm Vikar Ditzen als Präses den Verein und bald hatte auch er sich das Vertrauen der Mitglieder erworben. Die nun einsetzenden Kriege, wie der deutsch-österreichische 1866 und der deutsch-französische 1870/71 brachten mehrfach Schwankungen in das Vereinsleben hinein. Die ersten Kämpfe um das Dasein mussten geführt werden. Die Mitgliederzahl verringerte sich. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Der bald einsetzende Kulturkampf gegen die katholische Kirche und ihre Einrichtungen drohten die Gesellenvereine zu vernichten. Der ganze Verband wurde auf eine harte Probe gestellt. Das Attentat auf den Fürsten Bismarck im Juli 1874 wäre ihm fast zum Verhängnis geworden, weil die Gesellenvereine für die Tat des Verbrechers, eines angeblichen Gesellenvereinsmitgliedes, verantwortlich gemacht werden sollte. Es hat große Kämpfe gekostet, um die Auflösung der Vereine zu verhindern und sie vor Schlimmerem zu bewahren. Der Steeler Verein hat die Zeit verhältnismäßig gut überstanden. An ein öffentliches Auftreten war natürlich nicht zu denken, doch wurde im Stillen Kolpings Werk hochgehalten. So war es auch im ganzen Verband. Nach Beendigung des Kulturkampfes standen die Gesellenvereine gefestigter denn je vor der Öffentlichkeit, allen Stürmen zum Trotz. Im Jahre 1879 feierte der Verein sein 25jähriges Bestehen und trat damit erstmalig nach langer Zeit mit einer größeren Veranstaltung an die Öffentlichkeit. Da zeigte es sich, wie innig und fest der Verein mit der Steeler Bürgerschaft verwachsen war. Herrschte da ein Jubel in dem kleinen Steele! Das Fest erhielt eine besondere Bedeutung durch das Erscheinen des damaligen Generalpräses Schäffer. Welcher durch eine begeisternde Ansprache die Gesellen anfeuerte, im Geiste Adolph Kolpings weiter zu schaffen. Dieselbe fand bei den vielen auswärtigen Brudervereinen großen Anklang, und die Begeisterung für Kolpings Werk fand ihre Erneuerung. Wahrscheinlich war mit diesem Jubelfeste die Weihe der ersten Fahne verbunden, es kann aber auch sein, dass dieselbe schon eher angeschaftt worden ist; genaue Unterlagen fehlen dazu. Große Hilfe fand der Präses bei den Vorarbeiten für das Fest an den ihm zur Seite stehenden Vizepräses, Rektoratschullehrer Wichterlich, der nicht nur die Geschäfte des Vereins leitet, sondern auch durch Einrichtung von Abendkursen, in denen er die Gesellen in Deutsch und Rechnen unterwies, sich dauernde Verdienste um den Verein erworben hat. Beinahne 30 Jahre, bis zu seinem Tode im Jahre 1901, hat er für den Verein gewirkt. Das 25jährige Jubelfest wurde somit der Auftakt zu neuem Leben. Dank der opferfreudigen Arbeit des Präses und seines eifrigen Vorstandes konnte von jetzt ab ein steter Gewinn neuer Mitglieder gebucht werden. Infolgedessen reichten die Räume bei Eickhoff (später Röcken) nicht mehr aus und es stellte sich das Bedürfnis ein, mehrere Zimmer zu besitzen, wenn das Vereinsleben nicht darunter leiden sollte. Doch mitten im Widererstarken des Vereins wurde Präses Ditzen von seinem Steeler Wirkungskreise abgerufen. Was er in 22jähriger rastloser Arbeit für den Verein getan hat, steht unvergesslich in der Geschichte des Vereins. Er hat den Verein durch die schlimmen Zeiten der Kriege in den 60er und 70er Jahren des vorvorigen Jahrhunderts und durch die angrenzende Prüfungszeit des Kulturkampfes glücklich hindurch gebracht und seine Gesellen nie vergessen. Sein Nachfolger wurde drei Monate später Präses Vikar Link, der mit gleicher Begeisterung wie sein Vorgänger die Vereinsleitung im Sinne Kolpings übernahm. Auch unter seiner Führung ging es vorwärts. Er erkannte den großen Wert der Berufstüchtigkeit, weshalb er die seit mehreren Jahren vernachlässigten Fortbildungskurse wieder einführte. Nicht vergessen dürfen wir die Einrichtung der St.-Joseph-Krankenkasse, die jedem Mitglied Gelegenheit gab, sich durch Zahlung eines geringen Beitrages in Krankheitsfällen gegen Not und Elend zu schützen. Präses Link war es auch, der zum ersten Male die Idee zur Erbauung eines eigenen Gesellenhauses aufwarf und dieselbe wesentlich förderte. Leider war es ihm nur vier Jahre vergönnt, den Gesellen Führer zu sein. Er war beliebt nicht nur bei Ihnen, sondern bei allen Katholiken der Stadt, weshalb ihn alle ungern scheiden sahen. Dem Rufe des Bischofs folgend, wurde er Pfarrer zu Wissen. Als vierter Präses fungierte Präses Regens Jakobs vom königlichen Waisenhause. Er hat es in seiner vierjährigen Tätigkeit verstanden, den Gesellen den Aufenthalt in den Vereinsversammlungen durch seinen Humor so zu gestalten, dass sie gern und freudig kamen, wenn die Stunde des Vereins nahte. Doch Unstimmigkeiten, welche die Vorarbeiten zum Gesellenhausneubau mit sich brachten, veranlassten ihn, schon bald sein Amt als Präses niederzulegen. Ihm folgte Präses Vikar Göbels, unter dessen Leitung der Verein wieder einen sichtlichen Aufschwung nahm. Die von Präses Link wieder eingeführten Fortbildungskurse wurden von ihm weiter ausgebaut. Die Unterrichtsabende für Deutsch, Rechnen, Geschäftsaufsatz, Buchführung und Wechsellehre erfreuten sich deshalb eines regen Besuches seitens der Gesellen. Durch ihn wurden die Vereinsversammlungen durch Vorträge aus allen Wissensgebieten ebenfalls ideenreich ausgestaltet, wodurch sich auch die Meister wieder zum Verein hingezogen fühlten. Bald war das alte Verhältnis zwischen Meister und Gesellen wieder wie früher hergestellt. Dieses wurde noch fester durch die Fertigstellung des Gesellenhauses, welches Präses Göbels am 15. Juli 1896 einweihen konnte (nähere Einzelheiten hierüber erfahren wir aus der Abhandlung unseres verstorbenen Heimatforschers Anton Lehnhäuser ?Zur Geschichte des kath. Gesellenhauses in Steele? > siehe unter ?Kolpinghaus früher? <). Was man ersehnt hatte, ging in Erfüllung. Ein frischer Zug durchwehte von nun an das Vereinsleben. Die Gesellen hatten ein wahres Heim gefunden und erschienen vollzählig, wenn der Verein sie rief. Aber auch die Ehrenmitglieder rechneten es sich zur Ehre an, an der Seite der Gesellen traute Stunden im neuen Heim zu verleben. Präses Göbels verstand es aber auch, alle zu fesseln und für Kolpings Werk zu begeistern. Somit wurden die Vereinsabende wieder Horte für die jungen Handwerksburschen und Brennpunkte der Belehrung und Unterhaltung. Die Gesangabteilung, die so lange Zeit die Veranstaltungen des Vereins verschönert hat, wurde von Lehrer Neuß gegründet. Später übernahm sie Lehrer Assenmacher. Sie zählte eine stattliche Zahl von Mitgliedern und gewann mit der äußeren Stärke auch inneres Leben. Sie sorgte vortrefflich für den rechten Brudergeist. Präses Göbels suchte auch den Sparsinn der Gesellen zu regen und ließ innerhalb des Vereins eine eigene Sparkasse ins Leben treten, die sich gut bewährte. Die Vereinsarbeit gedieh wieder und schon dachte man an die Vorarbeiten für das goldene Jubelfest, da musste auch Präses Göbels wieder von seinen Gesellen Abschied nehmen. Der Ruf des Bischofs hieß ihn eine Pfarrstelle in Homberg antreten. Von Mai bis August 1902 leitete dann Vizepräses Vikar Niessen den Verein. Die Wünsche aus Kreisen der Mitglieder, das Präsesamt zu übernehmen, lehnte er ab ? mit Rücksicht, auf die anderen kirchlichen Vereine ? deren Präses er war. Doch in dem inzwischen zum Präses gewählten Vikar Hammelsbruch fanden die Gesellen wieder einen Freund der Idee Vater Kolpings. Er war ein ausgezeichneter Jugendführer, der mit Ernst und Scherz, mit flammender Beredsamkeit und auch mit sprühendem Humor die Jungmänner an sich fesselte. Mit ihm gingen Vorstand und Schutzvorstand dann an die Arbeit, um das 50jährige Jubelfest würdig zu gestalten. In großartiger Weise wurde es am 7. und 8. August 1904 gefeiert. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die große Kolpingbüste angeschafft und der Wunsch der Gesellen nach einer neuen Fahne sollte in Erfüllung gehen. Präses Hammelsbruch hatte zu diesem Zwecke bei mehreren Bürgern der Stadt vorgesprochen und dabei fast die ganze Summe für die neue Fahne erhalten. Sie wurde von der Firma Geschwister Happel in Essen nach Entwürfen des bedeutendsten Kenners auf dem Gebiet kirchlicher Kunde, Domkapitular A. Schnütgen in Köln, hergestellt. Für die neue Fahne hatte die Stadt einen goldenen Kranz gestiftet. Mit der großen Jubelfeier war auch erstmalig eine Ausstellung von Erzeugnissen des Handwerks verbunden. Dieselbe fand im Gesellenhaus statt und erfreute sich eines regen Besuches aller Bevölkerungsschichten von nah und fern. Das ganze Fest krönte jedoch der gewaltige Festzug. Soviel Jungvolk hatten die Mauern Steeles noch nicht gesehen. Die Teilnahme der Steeler Bevölkerung bewies von Neuem die Verbundenheit mit dem Verein. So konnte es nicht ausbleiben, dass der Verein noch mehr erstarkte, und die Zahl der Mitglieder die 200 erreichte. Überhaupt kann die Zeit nach dem goldenen Jubelfest als die Blütezeit des Vereins betrachtet werden. Das Vereinsleben stand auf einer Höhe, wie es vorher noch nie gestanden hatte. Bleibt zu erwähnen, dass 1906 auch für Präses Hammelsbruch die Abschiedsstunde schlug. An seiner Stelle übernahm Präses Vikar Eichen den Verein. Doch nach dreijähriger, segensreicher Tätigkeit für den Verein musste auch er seine Gesellen wieder verlassen. 1909 wurde er Religionslehrer am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln. Beide Präsides haben es aufs Vortrefflichste verstanden, den Verein auf seiner Höhe zu halten, und nicht nur das, sie brachten ihn auch ein weiteres Stück vorwärts. Als deshalb der an Stelle von Präses Eichen gewählte Präses Vikar Caspers den Verein übernahm, fand er einen Gesellenverein vor, auf den das kleine Steele stolz sein konnte. Was das innere Leben des Vereins in dieser Zeit betrifft, so könnte über jedes Jahr ein umfangreiches Bild entworfen werden. Das würde jedoch zu weit führen. Am Ende eines jeden Jahres wurde die geleistete Arbeit stets in einem kurzen Bericht zusammengefasst. Aus einem solchen Bericht sollen folgende Hauptmomente beweisen, dass Wirkliche im Dienste der Jugend stehende Vereinsarbeit geleistet wurde. Das religiöse Programm fand seine Erledigung in der vierteljährlichen heiligen Kommunion, an der im Durchschnitt mehr als 80 % der Mitglieder teilnahmen, ferner in der Abhaltung von Religionsvorträgen. Außerdem waren mehrere der Versammlungsvorträge religiösen Inhalts unter strenger Vermeidung jeder konfessionellen Polemik. In sittlicher Beziehung wurden die Mitglieder durch den Geist des gesamten Vereinslebens, sowie durch die besondere Entwicklung der geistlichen Leiter geschützt und gefördert. Die Vereinsbühne stand nur einwandfreien Aufführungen offen, von der geselligen Unterhaltung war alles Minderwertige ausgeschlossen. So lebten die Kolpingsöhne in einer reinen Atmosphäre, ohne indes dem berechtigten Anspruch der Jugend auf gesunden Frohsinn und Scherz Abbruch zu tun. Die Fortbildung fand Jahr für Jahr angemessene Pflege. In diesen Dienst stellten sich zunächst die in den sonntäglichen Versammlungen außerreligiösen Vorträge über die verschiedensten Wissensgebiete. Im Wechsel mit den Vorträgen traten mitunter Vorlesungen. ? Den Wissens- und Bildungsdrang der Gesellen forderte auch die seit längerer Zeit gegründete Bibliothek, außerdem lagen stets zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften auf. Daneben erhielt jedes Mitglied regelmäßig das Kolpingblatt. Fortlaufend wurden auch Fortbildungskurse eingerichtet, und zwar im Schreiben, Rechnen, in der Buchführung und im Zeichnen. Die Sparkasse nahm fortwährend ihren Kurs aufwärts. Am 1. Januar 1909 war ein Gesamtguthaben der Sparer von 12.450,39 Mark vorhanden, am 1. Januar 1911 belief es sich bereits auf 23.612,93 Mark. Die festlichen Veranstaltungen des Vereins trugen stets den Charakter des Schönen und Erhebenden, voran das Stiftungsfest und die Weihnachtsfeier. Gut besucht und wohl gelungen in allen Darbietungen waren auch die Familienabende, wie sie zu Fastnacht, Nikolaus und vor allem durch den jährlichen Familienausflug veranstaltet wurden. Der beste Beweis dafür ist die überaus starke Beteiligung der Steeler Bürgerschaft. Es war damals sprichwörtlich, der Gesellenverein verstände es, die schönsten Feste zu feiern. So nahte denn schon bald der Tag des diamantenen Jubelfestes. Lange Zeit wurde vorgearbeitet und so kann der 5. und 6. Juli 1914 als ein Denkstein in der Geschichte des Steeler Gesellenvereins bezeichnet werden. In dem großen Festzug sah man noch die drei letzten Mitbegründer des Vereins: Seilermeister W. Gantenberg, Schuhmachermeister Fr. Küper und Bäckermeister Th. Ruhrmann. Das Fest mit seinem glänzenden Verlauf gab Veranlassung zu einem noch größeren Anwachsen des Vereins. Doch es sollte anders kommen, der drei Wochen später ausbrechende mörderische Weltkrieg zerstörte mit einem Schlage die Früchte einer 60jährigen Arbeit. Schon in den ersten Tagen des August 1914 zog eine kleine Schar ins Feld. Es war eine erhabene Feierstunde, als in der Vereinsversammlung am Montag, dem 3. August der Präses den ersten Abschiednehmenden Segenswünsche und glückliche Heimkehr aussprach. In den folgenden Wochen musste bereits die Hälfte der Mitglieder zur Fahne eilen. Am Schlusse des Jahres standen wohl 70 Prozent aller Mitglieder im Felde. Der Verein gab sich alle Mühe, die jungen Soldaten mit Liebesgaben zu bedenken, was allerdings bei der später einsetzenden Lebensmittelknappheit recht schwierig wurde. Indes suchte man den brieflichen Verkehr mit den von der Heimat entfernten Soldaten aufrecht zu erhalten. Das Kolpingblatt ging allen nach Möglichkeit regelmäßig zu. Helle Freude war es, beurlaubte Mitglieder in der Vereinsversammlung zu begrüßen. Aber auch die im Felde stehenden Mitglieder vergaßen die zurückgebliebenen Kolpingbrüder nicht. Die vielen hunderte von Kartengrüßen beweisen es. Das Vereinsleben verlief während des Krieges in ruhigen Bahnen. Der Unterrichtsbetrieb ruhte vollends. Man hielt aber fest an den montäglichen Versammlungen, selbstredend wich man nicht von den gemeinschaftlichen hl. Kommunionen ab. Von größeren Veranstaltungen wurde dem Ernst der Zeit entsprechend Abstand genommen. Man beschränkte sich nur auf kleine Familienfeiern, Nikolaus- und Weihnachtsfeiern, die im Saale des Hauses abgehalten wurden. Im Sommer 1917 schied Präses Vikar Caspers von Steele, und an seine Stelle wählten Vorstand und Schutzvorstand Präses Vikar Wagner. Unter dem Schutz des hl. Joseph arbeiteten die Zurückgebliebenen mit dem neuen Präses weiter im Sinne Vater Kolpings. Nach Beendigung des grauenvollen Krieges kehrten viele Kolpingbrüder in den Verein zurück. Doch er hatte auch seine Opfer gefordert. 33 Kolpingsöhne, 27 Gesellen und 6 Ehrenmitglieder kehrten nicht wieder in den Verein zurück. So waren es wohl harte Prüfungsjahre, die der Gesellenverein während des Krieges durchmachte. Aber wenn auch die äußere Entwicklung beeinträchtigt wurde, die innere Stärke und Entschlossenheit blieb. Kaum hatte das Völkerringen 1918 sein Ende gefunden, da entflammte auch wieder neues Leben im Steeler Gesellenverein. Der Präses, Vikar Wagner, widmete dem Kolpingwerk alle Kraft, um den früheren Zustand wieder herzustellen. Dass es ihm gelang, beweist die Feier des 65jährigen Stiftungsfestes, welches schon 2 Jahre nach Beendigung des unseligen Krieges am 12. September 1920 gefeiert werden konnte. In guter Erinnerung ist noch der imposante Handwerkerfestzug, an dem nahezu 30 Handwerkerwagen und -gruppen, sowie 47 Brudervereine teilnahmen. Das Fest war der beste Agitator für den Verein. Die Mitgliederzahl erstarkte und ein geregeltes, Segenbringendes Vereinsleben konnte wieder beginnen. So konnte es nicht ausbleiben, dass der Verein bei der Feier des 25jährigen Bestehens des Hauses im Jahre 1922 wieder auf einer beachtenswerten Höhe stand. Bei dieser Gelegenheit gedachte der Verein auch seiner Toten im Weltkriege durch die Errichtung einer Ehrentafel, welche im Gesellenhaussaal ihren Ehrenplatz fand. Mit den Feierlichkeiten war auch erstmalig wieder eine Handwerker-Kunstausstellung verbunden, die einen regen Besuch aufweisen konnte. Auch dieses Fest konnte für den Wiederaufstieg des Vereins nur dienlich sein. Bald nahte dann auch der Tag des 70jährigen Gründungsfestes. Dasselbe wurde gleichzeitig als Bezirksfest des Bezirksverbandes Essen am 6. und 7. September 1924 gefeiert. Doch wurde es wegen der französischen Besatzung in stiller Weise begangen. Es war dies das traurigste Fest, das der Gesellenverein je begangen hat, da das Hiersein der fremden Mächte eine echte, frohe Stimmung nicht aufkommen ließ. Am 17. April 1925 schied Präses Wagner aus seinem Steeler Wirkungskreise. Was er in achtjähriger Tätigkeit für den Verein getan hat, ist mehr als dankenswert. Schwer fiel es ihm, seine Steeler Gesellen verlassen zu müssen. Ihre Anhänglichkeit zu dem scheidenden Führer bewiesen die Gesellen dadurch, dass sie ihm außer der offiziellen Abschiedsfeier, am Vorabend seiner Abreise, einen Fackelzug bereiteten, der mit einer Huldigung Vater Kolpings, an seinem Hause beendet wurde. An seine Stelle wurde Vikar Homberg zum Präses des Vereins gewählt. Unter seiner Leitung konnte am 29. Juli 1929 der schlichte Gedenkstein am Kolpingshof enthüllt werden, den die Aktiven und Ehrenmitglieder anlässlich des 75jährigen Jubelfestes ihrem noch seligen Stifter Adolph Kolping zur Dankbarkeit für die persönliche Mithilfe bei der Gründung des Vereins im Jahre 1854 setzten. Nach vierjähriger Tätigkeit wurde Präses Homberg nach Ratingen versetzt. Mit dem Jahre 1928 übernahm Vikar Emonds als Präses die Leitung des Gesellenvereins. In den 10 Jahren seines Wirkens hat er den Verein dank seiner rührigen Tätigkeit an mancher Klippe vorbei gesteuert. Der erste freudige Anlass, sein Wirken in Erscheinung treten zu lassen, war das 75jährige Stiftungsfest, welches in großem Rahmen mit religiösen Veranstaltungen, Handwerkerumzug, Handwerker-Kunstausstellung usw. gefeiert wurde. Aber bald darauf begannen die Schwierigkeiten. Zuerst machte sich der wirtschaftliche Niedergang bemerkbar. Unter der Leitung ihres Präses schlossen sich die arbeitslosen Kolpingbrüder zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen, in der freiwillig zuerst Werkstätten eingerichtet wurden, in welchen dann manches schöne Stück handwerklicher Kunstfertigkeit (vor allem in Holz und Metall) für die Diasporakirchen hergestellt wurde. Die zweite Schwierigkeit lag im politischen Raum. Durch geistige und überparteiliche politische Schulung gelang es dem Präses, den Kolpingbrüdern den richtigen Weg durch die politischen Wirrnisse jener Tage zu weisen. Im verdankt die Kolpingsfamilie, dass sie in echtem Geist des Gesellenvaters treu zu seinen Idealen hielt. Leider musste der hoch verdiente Präses Emonds durch seine Ernennung zum Pfarrer und der damit verbundenen Versetzung seinen Wirkungskreis verlassen. Zum Dank für seine langjährige aufopfernde Tätigkeit hat ihn die Kolpingsfamilie zwei Jahre später zu ihrem Ehrenpräses ernannt. Sein Nachfolger wurde Vikar Huth. Ihm oblag die schwierige Aufgabe, das Vereinsleben im Kriege weiter zu pflegen. Hierbei wurde er stark unterstützt durch den ?Kriegessenior? Karl Brandau. Wenn auch nur wenige Kolpingbrüder zurückblieben, so war es eine erfreuliche Tatsache, dass trotzdem die in Urlaub weilenden Kolpingbrüder keinen Kolpingabend versäumten. Als Präses Huth 1945 die Augen für immer schloss, bezeugten ihm die Kolpingbrüder durch ihre Teilnahme bei seinem Begräbnis ihre Anhänglichkeit und Dankbarkeit. Zwei Wochen später musste die Kolpingsfamilie leider auch ihren Vizepräses Heinrich Röder zu Grabe tragen. In ihm verlor die Kolpingsfamilie einen Mann, der lange Jahre durch seinen restlosen persönlichen Einsatz dem Gesellenverein in geistiger und materieller Hinsicht unschätzbare Dienste geleistet hat. Auch in Reihen der Steeler Kolpingsfamilie riss der Krieg große Lücken. Viele sind gefallen. Für die Toten beider Weltkriege haben wir im großen Saale unseres Gesellenhauses eine würdige Gedenktafel angebracht. Ihr Tod soll uns Verpflichtung sein, die Idee unseres Vaters Kolping immer weiter ins Volk hineinzutragen. Das Nachkriegserbe trat dann 1945 Vikar Holtmann an, der in unermüdlichem Eifer an den Wiederaufbau der Kolpingsfamilie heranging. Während seiner Amtszeit, die im Herbst 1945 begann, galt es vor allem, die heimkehrenden Kolpingbrüder wieder in das Zivilleben einzugliedern und ihnen in der Gemeinschaft der Kolpingsfamilie eine geistige Heimat zu geben. Hierdurch war es möglich, bereits im November 1945 das 90jährige Stiftungsfest mit einem Jahr Verzögerung nachzufeiern. An dieser Kundgebung beteiligten sich rund 400 Kolpingbrüder, wodurch bewiesen wurde, dass die Idee Adolph Kolpings trotz des Krieges nichts von ihrer Kraft verloren hat. In den folgenden Jahren wurde vor allem die berufliche Schulung wieder in den Vordergrund gerückt, wobei sich die Kolpingbrüder Gewerbeoberlehrer Krämer und Kiok große Verdienste erwarben. Aber auch die allgemeine geistige und religiöse Schulung kam ebenfalls nicht zu kurz. Bei seinem Weggang im April 1949 zeigten die Kolpingbrüder ihrem scheidenden Präses dadurch ihre Dankbarkeit und Treue, dass sie in großer Zahl an seiner Amtseinführung als Pfarrer von Norf teilnahmen. Die Tage der 100-Jahrfeier der Kölner Kolpingsfamilie zu Pfingsten 1949 werden manchem Steeler Kolpingbruder unvergesslich bleiben. Sie weilten als Gäste in den Mauern der rheinischen Metropole, dem Sitz des internationalen Kolpingwerkes. Am Grabe des Gesellenvaters schöpften sie neue Kraft und Begeisterung für ihr Wirken in der Heimat. Wenige Monate später trafen wir selbst Vorbereitungen zu unserem 95jährigen Stiftungsfest am 16.10., dessen Höhepunkt ein Festakt im Steeler Stadtgarten bildete. Zu dem Leitgedanken des Tages ?Beruf und Familie in christlicher Sicht? sprachen u. a. der Ehrenpräses Dechant Emonds und der Präses der Düsseldorfer Handwerkskammer Dipl.-Ing. G. Schulhoff. Es war das erste Fest, das wir mit Präses Vikar Korth feierten, in dessen Händen die Geschicke der Kolpingsfamilie Steele-Zentral seit August 1949 lagen. In umsichtiger und kluger Führung, aber auch mit der ganzen Liebe und Tatkraft eines Präses-Vaters lenkt und leitet er den Kolpingverein im Geiste Adolph Kolpings. Ihm sei an dieser Stelle unser aller Dank ausgesprochen. Es wäre vermessen, wollte man nun die jüngsten Jahre unseres Vereinslebens in ein besonderes Licht rücken; denn zu allen Zeiten unserer 100jährigen Vereinsgeschichte haben Präsides, Senioren und Kolpingsöhne die gleichen religiösen, sozialen und kulturellen Aufgaben zum Ziele gehabt. Und dennoch verdienen einige Tatsachen aus unserem Tun nach dem 95jährigen Stiftungsfest besonders erwähnt zu werden. Im Rahmen der 100-Jahrfeier der ?Marianischen Kongregation St. Laurentius Essen-Steele? (Juni 1950) schaltete sich auch die Kolpingsfamilie Steele ein. Sie gestaltete im großen Saale unseres Gesellenhauses eine Leistungsschau, die das handwerkliche Können und die Einsatzbereitschaft unserer Gesellen widerspiegeln sollte. Die Ausstellung, die durchweg Liebhaberarbeiten aus fast allen Berufszweigen zeigte, fand im Urteil aller Besucher ein wohlverdientes Lob. In freiwilliger Arbeit, of erst nach spätem Feierabend, setzten Kolpingbrüder sich für die Renovierung und Ausschmückung der beiden Säle unseres Gesellenhauses ein. Nach Beendigung des Krieges hatten diese nur einen behelfsmäßigen Anstrich erhalten. Im Oktober 1952 wurde unser Gesellenhaus nach vollständiger Renovierung der Säle und Gasträume der Kolpingsfamilie wieder zur Verfügung gestellt. Hiermit verbunden war die feierliche Übergabe des Hauses an den neuen Pächter, Herrn Ernst Görges und seiner Frau. Jahrhundertfeiern von nachhaltiger Wirkung waren auch für uns die Jubiläen der drei Ruhrgroßstädte Dortmund, Bochum und Essen, die im Jahre 1952 unter der gemeinsamen Devise ?Vom Chaos der Ordnung? ihre Festfolge aufgebaut hatten. Nicht nur unsere Banner, auch unsere Herzen waren dabei. Wer von uns könnte das eindrucksvolle Bild von dem Aufmarsch der Banner unter der gigantischen Kuppel der Westfalenhalle aus seiner Erinnerung streichen? Wem klingen nicht noch heute die aufrüttelnden Mahnrufe aus den Aufführungen der Dortmunder und Essener Kolpingsfamilien in den Ohren nach? Im Übrigen bauten wir getreu den Losungen unseres Gesellenvaters Woche für Woche unsere Vereinsarbeit auf. Der Präses als der geistige Vater unserer Familie vermittelte uns in seinen Religionsvorträgen das Rüstzeug für unser Vorwärtsstreben in Gott und seiner hl. Kirche. Wie in allen Jahrzehnten, so stellten sich auch in unseren Tagen Geistliche, Lehrer und Männer des öffentlichen Lebens uneigennützig zur Verfügung, um ihr Wissen und Können den Kolpingbrüdern weiterzugeben. Bildende und belehrende Referate aus den mannigfachen Gebieten wie Kunst und Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, Pädagogik und Heimatforschung u. a. m., mitunter von Lichtbildern und Filmen umrahmt, weitete unseren Gesichtskreis für die Dinge dieser Welt und ließen uns als dankbare Zuhörer aufhorchen. Allen diesen Freunden und Gönnern des Kolpingwerkes gebührt unser aufrichtigster Dank. Wenn wir einen aus ihren Reihen nicht vergessen wollen, dann ist es Probst Wronka, der in immerwährender Hilfsbereitschaft und Aufgeschlossenheit sich für die Belange der Kolpingsfamilie einsetzte. Dass die Geselligkeit und die Pflege der traditionellen Feierstunden in unsere Programmgestaltung nicht außer acht gelassen wurden, bezeugen alljährlich die Berichte in der Jahreshauptversammlung. Das 100jährige Stiftungsfest im Jahre 1954 stand unter der Losung ?In Treue zur Idee?. Die Idee ist von unserem Vater Kolping in seinem Programm vorgezeichnet, die Treue aber liegt an uns. In diesem Sinne wurde die Vereinsarbeit fortgeführt. Große Verdienste hat sich hierbei unser langjähriger Präses Johannes Korth erworben. Seine gut vorbereiteten monatlichen Religionsvorträge und Glaubensgespräche sind uns allen noch in guter Erinnerung. Nach Gründung der Pfarrgemeinde St. Eligius wurde Präses Korth im Jahre 1963 dort der erste Pfarrer und bei dieser Gelegenheit von der Kolpingsfamilie Essen-Steele-Zentral zum Ehrenpräses ernannt. Sein Nachfolger wurde im Jahre 1963 Herr Kaplan Heinrich Hecker. In seine Präsideszeit fiel das II. Vatikanische Konzil. Die Erneuerung der Kirche fand auch ihren Niederschlag in den von ihm gehaltenen Glaubensgesprächen. Einige Mitglieder nahmen im Jahre 1962 an der internationalen Romwallfahrt teil, die aus Anlass der 100jährigen Wiederkehr der Romfahrt von Adolph Kolping stattfand. Am 18. Oktober 1964 beging unsere Kolpingsfamilie die Feier des 110jährigen Bestehens. Vorausgegangen waren Tage der Besinnung, wobei der damalige Stadtpräses Hans Stüting Meditation und Messfeier gestaltete. Ein Familienabend im Kolpinghaus bildete den Abschluss der festlichen Tage. Im gleichen Jahr führte die deutsche Kolpingsfamilie ihren ersten Sonderflug in die Vereinigten Staaten von Amerika durch, ein großes Erlebnis für alle Beteiligten. Bei der Rundfahrt durch den Osten der USA wurden auch mehrere amerikanische Kolpingsfamilien besucht. Die jeweiligen Vorstände unserer Kolpingsfamilie waren immer bemüht, die Vereinsarbeit vielseitig zu gestalten. Außer den Schulungsvorträgen wurde das gesellige Leben nicht vergessen. Die traditionellen Sommerausflüge erfreuten sich großer Beliebtheit bei alt und jung. Im Jahre 1967 verließ uns Präses Hecker. Sein Nachfolger wurde Präses Manfred Pötschick bis zum Jahre 1971. Seine große Ausstrahlung war Kraft für die Belange der Steeler Kolpingsfamilie. So fanden seine Darstellungen großen Anklang. Nach seinem Weggang standen wir ohne Präses. Für unsere Vereinsarbeit eine schwierige Zeit. Der schon seit langem zu beobachtende Nachwuchsmangel zeigt sich nunmehr immer deutlicher. Mit großer Mühe war es uns möglich, diese Zeit zu überbrücken. Dieser Umstand führte auch dazu, dass die alte Tradition, sich jeweils montags im Kolpinghaus zu treffen, nicht mehr beibehalten werden konnte. Seit dem Jahre 1975 finden die Veranstaltungen jeweils monatlich statt. In diese Zeit des Umbruchs fällt auch der Abbruch des Kolpinghauses im Jahre 1976 infolge der Steeler Stadtsanierung. Dankenswerterweise haben wir eine Heimstatt im Pfarrzentrum St. Eligius gefunden, wo wir unsere Veranstaltungen durchführen können. Um den älteren Mitgliedern und deren Frauen die Möglichkeit zu geben, sich stärker aktiv am Vereinsleben zu beteiligen, wurde im Jahre 1972 von den Kolpingbrüdern Josef Weiß sen. und Franz Schmidt ein Seniorenkreis ins Leben gerufen. Die gut besuchten monatlichen Nachmittags-Versammlungen sowie die Sonderveranstaltungen erfreuen sich regen Zuspruchs und waren eine gute Ergänzung zu der Neugestaltung unseres Vereinslebens. Wir sind hocherfreut heute bei unseren Veranstaltungen eine große Beteiligung verzeichnen zu können. Dieses führte im Laufe der Zeit zu einer stattlichen Mitgliederzahl. Gott stellt jeden dahin, wo er ihn braucht. 125 Jahre Kolpingsfamilie Essen-Steele-Zentral Die Vorbereitungen zur 125-Jahr-Feier waren nicht einfach. Nachdem Präses Pötschick uns verlassen hatte, war die Stelle nicht mehr besetzt. Der Vorsitzende Willi Graf, von Krankheit gezeichnet, ließ sich die Leitung jedoch nicht nehmen. So hieß es anpacken und mitmachen. Aller Hilfe war gefragt, und siehe da, Gemeinsamkeit macht stark. Nach dem Motto: ?Es gehört mehr Mut dazu, ein guter Christ zu sein, als ein schlechter.? wurde das Fest vorbereitet: Unser Ehrenpräses Pastor Johannes Korth, der schon einmal das Grußwort vor 25 Jahren als Präses geschrieben hatte und Pfarrer von St. Eligius war, half, wo er konnte, stellte uns alles Erdenkliche zur Verfügung und schrieb das Grußwort zum Geleit. Eine bemerkenswerte Aussage von ihm: ?Ich freue mich, dass die Kolpingsfamilie Essen-Steele noch so fest zusammenhält und so aktiv in der Verwirklichung der Ideen Adolph Kolpings tätig ist!? Das war nicht immer so. Die Kolpingsfamilie machte ein großes Tief durch und stand kurz vor der Auflösung. Doch das war mit dem Fest alles vergessen. Am 30. September 1979 war in der Pfarrkirche St. Eligius das große Festhochamt. Zelebrant war der Bischof von Essen Dr. Franz Hengsbach mit allen noch lebenden Präsides. Geistlichkeit aus den Nachbarpfarren und Prominenz der Stadt waren anwesend. Es war ein richtiges Fest. Anschließend war noch ein Empfang mit unserem Bischof, der nicht enden wollte. Alle, Bischof, Gäste und Mitglieder, fühlten sich wohl und geborgen. Der Jubiläumsball im Saal des Steeler Stadtgarten war ein voller Erfolg. Jung und alt aus nah und fern feierten, wie es sich zu solch einem Anlass gehört. Mit diesem Fest zeigte die Kolpingsfamilie wieder Einigkeit und den Willen zum Weiterleben und Streben im Sinne unseres Gesellenvaters. Ein Wandel fand in der Kolpingsfamilie statt. Es meldeten sich einige Mitglieder der Pfarrgemeinde St. Eligius, die dann auch Mitglieder wurden. Die Kolpingsfamilie bekam neuen Schwung. Die Montagabende wurden stärker besucht. So blieb es nicht aus, dass man von monatlichen Treffen wieder auf jeden Montag wechselte. Weil das Bedürfnis der persönlichen Gespräche zu kurz kam, wurde ein Klönabend eingeführt, der nicht mehr wegzudenken ist. Am 12. September 1984 bildete sich aus den Reihen der Kolpingschwestern ein Strickkreis, der sich bis heute immer noch regelmäßig trifft und Gedanken austauscht. Gymnasialpfarrer Bernhard Deus erklärte sich nach einem angenehmen Gespräch bereit, die Aufgabe des Präses zu übernehmen. In relativ kurzer Zeit fühlte er sich bei uns wohl, dass es ihm Leid tat, als der Bischof ihm nach zwei Jahren die Pastorenstelle in Bochum-Wiemelhausen übertrug. Wir haben viel von ihm gelernt. Toleranz, Einfühlungsvermögen, Frömmigkeit, Liebe, Dankbarkeit, Treue, sind einige der Tugenden, die er vorgelebt und näher gebracht hat. Aber die Kolpingsfamilie hatte nun wieder einmal keinen Präses. Um die Zeit ohne Präses zu überbrücken, haben wir für religiöse Fragen Geistliche des gesamten Bistums Essen eingeladen. Alle sind gerne gekommen. Die gut organisierten Familienausflüge sowie die Familienwochenenden in der Kolpingferienstätte Nachroth-Wiblingwerde fanden regen Anklang und begeisterten Jung und Alt. Sie festigten den Gemeinschaftssinn und förderten den Zusammenhalt. Alle kamen sich näher und wir wurden eine richtige Familie im Sinne Adolph Kolpings. An dem Wochenende ?Spielen in der Familie? nahmen ca. 100 Erwachsene und Kinder teil. Es stand an, nachdem das Kolpinghaus in der Kaiser-Wilhelm-Strasse abgerissen war, das Geld für eine neue Bleibe zu investieren. Die Verhandlungen mit der Muttergemeinde St. Laurentius gestalteten sich nicht nach unseren Vorstellungen. Pfarrer Johannes Korth war es, der dann die Geschicke wieder in die Hand nahm, seine Erfahrungen und seinen Einfluss beim Bistum und der Stadt geltend machte. Er setzte alle seine Kraft ein, und die Kolpingsfamilie bekam einen Platz auf dem Grundstück neben der Kirche St. Eligius. Eine, wie sich herausgestellt hat, sehr gute Lösung. Unser Ehrenpräses Pfarrer Johannes Korth übernahm wieder das Amt des Präses in unserer Kolpingsfamilie. Der erste Spatenstich war am 19. April 1986 und wurde von unserem Präses vorgenommen. Jeder Kolpingbruder konnte sich an den Grabungen beteiligen. Nachdem der Spaten, der heute noch den Eingang des Kolpinghauses ziert, von Hand zu Hand gegangen war, war ein Großteil der Baugrube schon ausgehoben. Am 11. Januar 1987 wurde das neue Kolpinghaus von unserem Ehrenpräses Johannes Korth, der wenig später in den Ruhestand trat, eingeweiht. Heinz-Peter Greine wurde vom Bischof, Dr. Franz Hengsbach, als Pastor von St. Eligius eingesetzt. Es war für ihn selbstverständlich, das erneut verwaiste Präsesamt der Kolpingsfamilie zu übernehmen. Er übernahm das Amt im Dezember 1987. Seine Religionsvorträge und Gespräche sind immer gut vorbereitet an uns weiter gegeben worden. Unser Wahlspruch aber ist beten und lernen und arbeiten, alles mit Ernst und doch mit Fröhlichkeit. Durch die Einigkeit der Kolpingmitglieder in aller Welt und die Fürsprache aller Heiligen wurde unser Gebet zur Seligsprechung Adolph Kolpings erhört. So wurde unser Stifter Adolph Kolping am 27. Oktober 1991 von Papst Johannes Paul II. in Rom selig gesprochen. Eine große Feier auf dem Petersplatz. Viele waren dort, auch Mitglieder unserer Kolpingsfamilie. Wer nicht in Rom dabei sei konnte, verfolgte die Feier im Fernsehen. Ein großes Erlebnis für die Kolpingmitglieder aus aller Welt. Der Seniorenkreis, ? der erste im Diözesanverband Essen ? wie sich herausgestellt hat, eine sehr gelungene Einrichtung, auf die die Kolpingsfamilie Essen-Steele-Zentral stolz sein kann, feierte sein 25jähriges Bestehen im Dezember 1997. Ein Ereignis, das würdevoll begangen wurde. Am Schutzfest des Hl. Josef, am 4. Mai 1997, weihte Präses Heinz-Peter Greine ein neues Jugendbanner in einem feierlichen Gottesdienst ein. Unser Ehrenpräses Johannes Korth, der immer noch stark mit uns verbunden war, feierte 1997 in Rösrath (wo er auch seinen Lebensabend verbrachte) sein Diamantenes Priesterjubiläum. Unsere Kolpingsfamilie besuchte ihn dort mit vielen älteren und jüngeren Mitgliedern. Wir feierten mit ihm, der Familie und der dortigen Pfarrgemeinde. Am 7. Juni 1998 starb Johannes Korth im Alter von 88 Jahren in Rösrath. Für unsere Kolpingsfamilie ein trauriger Augenblick, denn wir haben unserem Ehrenpräses viel zu verdanken. Seinem Wunsch entsprechend ist er (an seiner ersten Wirkungsstätte als Pastor) auf dem neuen Laurentiusfriedhof beigesetzt worden. Im Oktober 2001, zur zehnjährigen Wiederkehr der Seligsprechung unseres Gründers, hat sich auf eine kleine Gruppe unserer Kolpingsfamilie nach Rom aufgemacht, um dieses Ereignis mit den Kolpingmitgliedern aus aller Welt zu feiern. Anschließend sagte der Hl. Vater: ?Diese Veranstaltung ist die Stärkste einer Gruppe gleich gesinnter in Rom und ein gutes Zeugnis des katholischen Glaubens.? Die Gemeindereform des Bistums macht uns einiges zu schaffen. Die Tage des Präses H.-P. Greine sind gezählt. Mitte des Jahres 2002 verließ uns der Präses. Der Bischof hat ihn nach Bochum versetzt. Mit der künftigen Zusammenlegung der drei Pfarrgemeinden St. Marien, St. Laurentius und St. Eligius übernahm Josef Kestermann das Amt des Pfarrers. Auf die Frage, ob er unser Präses werden wollte, sagte er mit freudigem Herzen ?Ja!?. So haben wir in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung Pastor Kestermann einstimmig zu unserem neuen Präses gewählt. Möge die Idee von Adolph Kolping auch in der Zukunft für unsere Kolpingsfamilie Essen-Steele-Zentral lebindig bleiben. Schlußsatz aus der Gründungsurkunde: “Unter dem Segen Gottes und dem Schutze des Hl. Nährvaters Josef wachse und gedeihe der katholische Gesellenverein zu Steele.”