Essen Steele

Steele von Wilfried Kurzenacker


Tief im Meer schwimmt die Garnele,
tief im Wald, da wohnt der Bär.
Aber ich, ich wohn in Steele –
ach, mein Herz, was willst du mehr!
Selbst als hier die Bagger tobten,
als verschwanden Strass` und Haus
und die Planer sich noch lobten,
wollt ich nicht aus Steele raus.
Längst sind weg die Häuserzeilen,
die den Krieg wohl überstanden
und man kann heut daher eilen,
wo die Gassen einst verschwanden.
Wo man großkotzig noch baute
Wertheim und so manchen Klotz
da herrscht heute längst schon Flaute
und es sieht dort aus, wie Rotz.
Und es gibt die dollsten Bücher,
wie es früher einmal war,
als man nicht ging ran, wie Blücher,
kleine Häuschen – wunderbar!
Allerdings war man bescheiden,
Treppe tiefer war das Klo,
und es war wohl zu beneiden,
wer ein Bad hatt`, der war froh.
Tief im Meer schwimmt die Garnele,
tief im Wald, da wohnt der Bär..
Hast am Kaiser-Otto-Platze
du verpasst die Straßenbahn,
liefst zum Bahnhof ohne Hatze.
Sie kam dort dann angefahrn.
Denn sie musst durch Steele schlenken
äußerst knapp an manchem Haus,
sprang auch gern schon mal bei Renken
aus den krummen Schienen raus.
Eh` sie dann bei Böhmers Laden
wieder links die Kurve kriegt,
hast du längst und ohne Schaden
die Verspätung schon besiegt!
Bahnhof Steele-West lag dort,
auf dem Hügel mit Rabatten.
Schöne Blumen sind jetzt fort,
heute sind dort graue Platten.
Und die Kneipen hier in Steele
an der Ecke jedes Blocks,
viele noch mit echter Seele,
wenige nur fürs Gesocks.
Tief im Meer schwimmt die Garnele
tief im Wald, da wohnt der Bär…

Blaukopfpflaster, Pferdewagen,
Glashütte mit ihrem Krach,
Bäcker, Tante-Emma-Laden,
alles ruhig und mit Gemach.
Heut´ sind alte Häuser bunter
in den Fenstern Isoscheiben.
Auch der Putz fällt nicht mehr runter.
Ja, so manches kann schon bleiben!
Und fast jeder Arbeitnehmer
Kann sich heut` ein Auto kaufen.
Manches ist heut doch bequemer.
man muss nicht mehr so weit laufen.
Dafür ist der Stress gestiegen,
Nachbarschaften brachen ab,
Pfarrgemeinden, die erliegen
zählt man heute nicht zu knapp.
Lasst uns in die Zukunft schauen,
und das Alte nicht verwässern.
Nur so kann man Zukunft bauen
und die Gegenwart verbessern.
Tief im Meer schwimmt die Garnele
tief im Wald, da wohnt der Bär.
Aber ich, ich wohn in Steele –
ach, mein Herz, was willst du mehr!
      18.1.2017