Historisches

1953 Vortrag "Wiederbewaffnung der Bundesrepublik?" am 23. März

1953 Vortrag “Wiederbewaffnung der Bundesrepublik?” am 23. März

Als Mitglied unserer Kolpingsfamilie sprach Rektor Roggenkamp am heutigen Abend über den EVG-Vertrag. Um den Vertrag zu verstehen, müsse man sich erst noch einmal zurückerinnern an den Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945. Durch das Besatzungsstatut wurden uns viel Rechte genommen und Beschränkungen auferlegt. Der Deutschlandvertrag soll nun das Besatzungsstatut ablösen und uns die Gleichberechtigung gegenüber den anderen Nationen wiedergeben. Zum Vertrag über die europäische Verteidigung führte der Redner aus, dass sich gegenüber 1945 vieles geändert habe. Aus dem guten Einvernehmen aller Besatzungsmächte zu Ende des Krieges habe sich bis heute Schritt für Schritt ein kalter Krieg entwickelt, der aus der östlichen und den westlichen Besatzungszonen ein getrenntes Deutschland schuf und darüber hinaus die gesamte Welt immer deutlicher in zwei Lager trennte. Deutschland steht also im Mittelpunkt dieser Auseinandersetzung und ist ohne eigene Verteidigung jedem Angriff preisgegeben. Wenn Deutschland seine Freiheit und seine Unabhängigkeit gegenüber dem Osten wahren will, so ist es gezwungen, sich in ein Verteidigungssystem, das ihm größtmögliche Sicherheit bietet, einzugliedern. Der Redner erläuterte auch  die Gegenargumente zu (den) Verträgen und betonte, dass die Verträge auch nach seiner Ansicht noch nicht das seien, was man sich als Ziel der Europäischen Verteidigung gedacht habe, dass aber auf jeden Fall ein Anfang gemacht werden müsse. An den Vortrag schloss sich noch eine sehr rege Diskussion an.

Historische Informationen

Im Jahre 1952 war in Westeuropa der Plan entstanden, eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) und eine europäische Armee zu schaffen. Damit wollte man der Bedrohung durch die Sowjetunion ein militärisches Potenzial gegenüberstellen und es sollte eine weitere westeuropäische Einigung gefördert werden. Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien, Luxemburg und die Bundesrepublik Deutschland wären daran beteiligt gewesen. Deutschland war deshalb stark daran interessiert, weil auf diese Weise eine Wiederbewaffnung und das Ende des Besatzungsstatus gleichzeitig erfolgt wären. Das Projekt scheiterte jedoch 1954, als es im französischen Parlament abgelehnt wurde. Im Jahre darauf wurde die deutsche Wiederbewaffnung im Rahmen des NATO-Beitritts ermöglicht.