Adolph Kolping und sein Werk

Spätestens seit den Seligpreisungen der Bibel wissen wir, dass sich Gott für sein Wirken die kleinen Leute aussucht. So war es auch mit Adolph Kolping.

Um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts brachte die beginnende Industrialisierung unvorstellbares Elend über die Menschen. Ein knallharter Kapitalismus verdrängte mit seinen Maschinen das Handwerk. Weil das Zunftwesen zerfiel, standen Tausende von Gesellen auf der Straße, die bisher in den Familien ihrer Meister gelebt hatten und wurden nun zur Landplage. Es war einer der ihren, der diese Not mit einem klaren Konzept bekämpfte, das auch bald für die neue „Arbeiterfrage“ Lösungen anbot: Adolph Kolping.

Zwischen der Geburt am 8.12.1813 in Kerpen und dem Tod am 04.12.1865 in Köln liegen für den Sohn eines Schäfers 52 Jahre eines ungewöhnlichen Lebens.

Es beginnt mit der Dorfschule, üblicher Lehre und 7 Jahren als Geselle im Schuhmacherhandwerk.

Doch Kolping liest viel – er will mehr!

Mit 24 Jahren beginnt er als Pennäler auf dem Kölner Marcellengymnasium, mach 1841 Abitur, studiert Theologie und wird 1845 in der Kölner Minoritenkirche zum Priester geweiht. Als Kaplan in St. Laurentius in Elberfeld lernt er den ersten Gesellenverein kennen, wird dessen Präses und wechselt 1849 als Domvikar nach Köln. Hier sammelt er weitere Gesellen um sich. Aus der Kölner Gründung erwächst eine Bewegung, die sich schnell ausbreitet. Der Sozialreformer Kolping gibt ihr das geistige Konzept, der Seelsorger Kolping die religiöse Mitte und der Publizist Kolping die öffentliche Wirkung.

Am 27. Oktober 1991 wird Adolph Kolping von Papst Johannes Paul II in Rom seliggesprochen.

Kolping holte die heimatlosen Gesellen von der Straße. Er gab ihnen in den Gesellenheimen ein Zuhause mit familiärer Atmosphäre. Er richtete für sie Kranken- und Sparkassen ein, machte ihnen Bildungsangebote und übermittelte ihnen ein nachahmenswertes Menschenbild: Der überzeugte Christ lebt seinen Glauben und steht seinen Mann im Beruf, er sorgt sich um seine Familie ebenso wie um das Staatswesen.

Schon zu Lebzeiten Kolpings breitete sich sein Werk in anderen europäischen Ländern aus, und es gab erste Gründungen in Übersee. Heute ist das Internationale Kolpingwerk in mehr als 50 Ländern vertreten.

Die Struktur des Kolpingwerkes ist wie zu Adolph Kolpings Zeit darauf angelegt, das einzelne Mitglied im christlichen Glauben zu stärken und zum tatkräftigen Einsatz in Familie, Arbeitswelt, Kirche, Gesellschaft und Staat zu befähigen. Dies gilt für den Verband im Großen ebenso wie für dessen kleinste Einheit vor Ort, unsere Kolpingsfamilie.

Rückblick und Ausblick

Um verstehen zu können, wo unser Handeln ansetzen muss, müssen wir zunächst reflektieren, wo unser Ursprung liegt:

Kolpings Wirken fällt in die Zeit eines weitreichenden Säkularisierungsprozesses, der die prägende gesellschaftliche Bedeutung des Christentums massiv zurückdrängte, zugleich auch in immer stärkerem Maße Menschen aus traditionellen Abhängigkeiten „freisetzte“, sie aber auch in geistige wie materielle Not und Orientierungslosigkeit „entließ“. Kolpings Antwort auf diese Herausforderung: „Das Christentum muss aufs Neue die Welt erobern“! Er erwartet folgerichtig das Heil nicht in erster Linie von Strukturveränderungen, sondern er sieht den entscheidenden Schritt im Einwirken auf den Menschen: ,,Helft eine bessere Zukunft schaffen, indem ihr sie erziehen helft!“

Unter diesen Voraussetzungen lag es für Kolping nahe, Menschen mit gleicher Problem- und Interessenlage zusammenzuschließen und die Chance der Gemeinschaftsbildung zu nutzen. Kolping wollte den Gesellenverein als familienhafte Gemeinschaft Gleichgesinnter, die ihren Mitgliedern Anregung und Hilfestellung für die eigene Lebensgestaltung geben sollte. Für die Gesellen bedeutete die zunächst Unterricht in den Elementarfächern Rechnen, Schreiben und Lesen, Buchführung und Wechsellehre.

Die eigentliche Zielsetzung des Werkes bestand darin, junge Menschen anzuregen, zu begleiten und zu unterstützen, ihr Leben als ,,tüchtige Christen“ in Beruf, Familie und Gesellschaft zu führen. Nur durch das Wirken vieler tüchtiger Christen konnte sich in der Vorstellung Kolpings nach und nach ein positiver sozialer Wandel erreichen lassen. Der Verein selbst bot das notwendige Maß an ,,Heimat“, um überhaupt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, aus sich etwas zu machen.

Recht verstanden können Wollen und Handeln Kolpings durchaus unter die Formel ,,Sozialer Wandel durch Veränderung des Menschen“ gestellt werden. Das Werk selbst ist nicht mehr und nicht weniger als ein ,,Instrument“, das sich, wie Kolping selbst immer wieder betont, ständig neu auf die Herausforderungen der Zeit einzustellen und einzulassen hat, ohne die wesentlichen Grundlagen aufzugeben. So ist die Geschichte des Verbandes ebenso zu verstehen wie die unserer Kolpingsfamilie.

In diesem Sinne wollen wir uns auch in Zukunft den Herausforderungen der Zeit stellen.