Über Uns

Chronik der Kolpingsfamilie Hemau

Hemau, die Stadt auf dem Tangrintel ist ein Ort, der an geschichtsträchtiger Entwicklung vielen Stadtgemeinden unseres Landes keineswegs nachsteht und in einem Gemeinwesen, das auf dem Juraplateau zwischen Altmühl und Laber liegend, seit eh und je handwerklichen und gewerblichen Fleiß zu pflegen wusste. Seit 1305 als „Opidum“, als Stadt bezeugt, leben hier seit Generationen jene Handwerker und Geschäftsleute, deren es Aufgabe es war, über die Grenzen ihrer lange noch mauerbewehrten Stadt hinaus, dem reichen Hinterland zu dienen. So erklangen zum Beispiel noch vor einigen Generationen die Hämmer der Nagelschmiede, eine Gasse kündet mit ihrem Namen noch davon, die den Gespannen der uralten Straße von Regensburg nach Nürnberg zu ihrem Beschlag verhalfen. 

Es ist für die Kolpingsfamilie Hemau eine besondere Freude, dass im Jahr 1864, sogar der 5. März ist uns noch überliefert, im Pfarrhof „drei wackere Gesellen erschienen“, angeführt vom Säcklermeister Josef Schön, und dem damaligen Pfarrer Stauber die Gründung eines katholischen Gesellenvereines anzuregen. Sie kamen bei Leine nicht als Eigenbrötler oder Einzelgänger, sondern als Deputierte einer großen Versammlung, deren Entschluss sie dem Pfarrherrn übermittelten, nur 15 Jahre später, beinahe auf den Tag genau, seit Adolph Kolping mit sieben Gesellen in Köln den ersten Verein ins Leben gerufen hatte. Das mag hier stehen für die große Strahlungskraft des Werkes Kolpings, der, mit untrüglicher Witterung aus handwerklichem Hause kommend, wusste, was das aufbrechende Industriezeitalter als Antithese zu marxistischer Scheinerlösung wirklich brauchte. Schon tags darauf, am 6. März, fand die Gründungsversammlung statt und nicht weniger als 42 Gesellen scharten sich um ihren ersten Präses, den Kooperator Hofweber. Nachdem die „Statuten“ entworfen waren, erstattete man dem „bischöflichen Ordinariate, dem königlichen Bezirksamte und dem Magistrat von Hemau“ Anzeige von der Gründung, um bald darauf, am 23. Mai, zur Fahnenweihe zu rüsten, zu der Sr. Exz. Bischof Ignatius v. Senestrey begrüßt werden konnte. Dieser 23. Mai ist auch das Datum, an welchem der junge Verein in das Register des Zentralverbandes der katholischen Gesellenvereine aufgenommen wurde. Das Vereinslokal, beim Ochsenwirt Veitl, wurde bald zu einem Kristallisationspunkt des Gesellenlebens und wir entnehmen der Chronik, dass der junge Verein einen blühenden Aufschwung nahm. Den Bürgern schien es selbstverständlich, als „Ehrenmitglieder dabei zu sein“. Den Gesellen eine Heimstatt war die Devise und seit Gründung wird berichtet, dass es sich der Verein angelegen sein ließ, nicht nur zur Erheiterung von Mitgliedern und Publikum auf die Theaterbühne zu steigen, sondern dass großes Augenmerk auf die berufliche Weiterbildung der Gesellen gelegt wurde. So stehen dafür Rechnen, Buchführung und auch die Pflege des edlen Gesanges.
Auch bittere Zeiten sollten anbrechen, so gab es eine Reihe von Mitgliedern, die in der Geselligkeit allein Ziel und Aufgabe zu sehen meinten und die 1880 unter der Firmierung „Gemütlichkeit“ einen „Anti-Gesellenverein“ ins Leben riefen. Wenngleich die Mitgliederzahl aufgrund dieser Attacke damals auf acht gesunken war, so gelang es doch dem damaligen Präses Elsenheimer aus Wiesbaden, nachmaliger Doktor der Theologie und Stadtpfarrer von Hachenberg in der Diözese Limburg „im königlichen Preußen“, den Verein allmählich wieder zur Blüte zu bringen. Bald waren es wieder 50 Mitglieder die sich um ihren Präses scharten, der wusste, was zu tun war, um die Bedeutung des Kolpingwerkes profiliert herauszustellen und zu unterstreichen. So wurden 3350 durchreisende Mitglieder aus Mitteln der Vereinskasse unterstützt, 45 kranken Mitgliedern wurde Hilfe aus Spenden zuteil, die sich auf 159 Mark, Goldmark wohlgemerkt, beliefen, für durch Überschwemmung un Brandunglück Verarmte wurden 170 Mark verabreicht und zur Restaurierung der Pfarrkirche 140 Mark beigesteuert. Nach 25 Jahren Bestehen war es an der Zeit zum Jubelfest zu rüsten und gleichzeitig die alte Fahne, „durch die Strapazen der Jahre“ schadhaft geworden, durch eine Neue zu ersetzen. Man schrieb das Jahr 1889 und von 13. bis 15. Juli fanden die erhebenden Tage des 25jährigen Gründungsfestes statt. Neben einer Deputation des Zentralvereins München konnte neben Riedenburg als Patenverein, Abgesandte aus Regensburg, Erlangen, Weiden, Neumarkt, Beilngries, Freystadt, Beratzhausen und Straubing begrüßt werden. Ehrenpräses Stadtpfarrer Mathias Mühlbauer nahm die Fahnenweihe vor, Präses war damals Kooperator Stillger.

Um die Jahrhundertwende wurde es ruhig um den Verein

 

Um die Jahrhundertwende wurde es ruhig um den Verein. Die Arbeit schien zum Erliegen gekommen zu sein. Es dauerte bis 1924, -und wieder ging von der Jugend der Anstoß aus- den Verein wieder zu gründen. Zweiter Gründungspräses war Kooperator Sebastian Schlittenbauer, damaliger Diözesanpräses Studienprofessor Prechtl, Abgeordneter des Bayerischen Landtages, der am 4. August 1929 anläßlich eines Treffens der katholischen Gesellenvereine der Diözese auf Schloss Prunn die Weihe des neuen Wimpels der Hemauer Kolpingsöhne vornahm. Am 3. November 1929 erhielt der KGV Hemau auf der ersten Bezirkskonferenz in Beratzhausen das Bezirkssenioriat. Bezirkssenior wurde Ludwig Pollinger, der ein Jahr darauf die Freude erleben durfte, am 19. März die Bezirkskonferenz des KGV in Hemau zu sehen, prominenter Gast war damals neben dem Diözesanpräses Prechtl Oberbürgermeister Dr. Hipp aus Regensburg, der in seiner Ansprache das Idealbild eines guten Staatsbürgers umriss. War doch der politische Himmel in dieser Zeit schon umwölkt und der unselige Nationalsozialismus im Vormarsch, dessen Hybris das Vaterland 15 Jahre später in Schutt und Asche legen sollte. Es mutet heute, nach den Erfahrungen der jüngsten Geschichte, verständlich an, dass wenig später, und zwar am 14. Mai des gleichen Jahres, Bischof Dr. Michael Buchberger das neue „Sturmbanner“ der Hemauer Kolpingsfamilie weihen sollte. Standen die Zeichen doch fürwahr auf Sturm, einem Sturm der die Arbeit der katholischen Verbände sehr bald in den Untergrund verweisen sollte. 1930 waren noch 378 Übernachtungen wandernder Mitglieder, Kostenaufwand hierfür 756 Mark, sein vermerkt. An Verpflegung ebenso viele Abendessen und Frühstücke sowie 134 Mittagessen mit einem Kostenaufwand von 548,80 RM. Ein abgehaltener Glückshafen sicherte die Mittel für die Unterstützung erwerbsloser Mitglieder. Aufwendungen hierfür 260 RM. 14 Arbeitsvermittlungen konnten getätigt werden. Das Vereinszimmer stand beim Tannenbaum jeden Tag geheizt und mit mehreren Zeitungen versehen zur Verfügung.

Nach den turbulenten Ereignissen des berühmt gewordenen Gesellentages im Frühsommer 1933 und dem ersten Verbot der Vereinsarbeit bis November des gleichen Jahres, ist am 7. März 1934 die letzte

Eintragung einer Ausschusssitzung im Protokollbuch vermerkt. Nach dem Kriege, und zwar am 24. Februar 1946, schritt man wiederum an eine Neugründung. Vier Altkolpingmitglieder fanden sich hierzu ein, die Jugend war mäßig vertreten. Sie hatte keinen Kontakt mehr mit der Kolpingidee nach den vorangegangenen 12 Jahren der Diktatur und des Krieges. Doch nur kurze Zeit, denn bereits am 31. März sollten es 25 Aktive un 10 Altkolpingmitglieder sein. Eine glückliche Ära sollte anbrechen, man könnte sie die Ära der beiden Schmitts nennen. Präses Kooperator Schmitt, später Pfarrer in Undorf, und Senior Ottfried Schmitt, später auch Bürgermeister in Velburg, waren die Seele des Vereins, der sich beherzt den Zeitfragen stellte und neue Wege beschritt, die nach dem Verfall jeglicher Autorität gangbar waren. So wurde insbesondere das Laienspiel zu einem scharfen Instrument. Autoren wie Max Mell, J. A Lippl, dessen Überlinger Münsterspiel das erste Freilichtspiel in Hemau werden sollte, und Felix Timmermanns standen hier für den ernsthaften Versuch, die Laienbühne in den Dienst der

Öffentlichkeitsarbeit zu stellen. Darüber hinaus wurden Frohsinn und Geselligkeit ebenso gepflegt wie die Bildungsarbeit nicht vernachlässigt wurde. Ab 1. April 1949 Stand Kooperator Schierlinger dem Verein als Präses vor. In seine Zeit fiel der Bau des Jugendheimes, der unter dem damaligen Stadtpfarrer, Geistlichen Rat Bertelt, mit einem Optimismus sondergleichen angefasst und durchgeführt werden konnte. Der Präses ergriff selbst die Schaufel, ein alter Stadel war am Kirchplatz abzubrechen. Sein Beispiel zündete und so wurde das Werk eine wahre Gemeinschaftsarbeit. Geistlicher Rat Bertelt wurde für sein Verständnis, den Belangen der KF gegenüber, anlässlich seines 80. Geburtstages am 14. Dezember 1956 zum Ehrenpräses ernannt.

Die Kolpingsfamilie an der Schwelle zum Jahr 2000

 

Nach wie vor wurden Laienspiel und Bildungsarbeit groß geschrieben und mancher Ausflug in die engere und weitere Heimat weitet den Sinn der Kolpingssöhne. So steht es am Schluss der vorstehend von Erwin Kellner übernommenen Chronik der Festschrift anlässlich der 100-Jahrfeier, die

am 20./21. Juni 1964 gefeiert werden konnte – und da war es das wohl schönste Geburtstagsgeschenk, dass wenige Wochen zuvor eine starke Jungkolpinggruppe ihre Aufnahme in den Verein feiern durfte. Die Jahre danach sollten dann überhaupt der großen Öffnung für den jugendlichen Nachwuchs gelten: So gibt es seit 1967 eine Jungschar innerhalb der Kolpingsfamilie und in Würzburg entschied die Zentralversammlung im Jahr 1966, dass in den Kolpingsfamilien künftig auch Mädchen ihren festen Platz haben sollen. Und so können bei der Generalversammlung im Jahr 1971 auch schon 15 junge Damen das Stammbuch für eine aktive Kolpingmitgliedschaft ausgehändigt bekommen Wenige Monate danach verabschiedet die Kolpingsfamilie mit Horst Mally den bislang letzten Kaplan, der als Präses das Leben und Arbeiten der Kolpingsfamilie begleitete. Sein Nachfolger, Stadtpfarrer Alfons Eberl, ermöglicht der Kolpingsfamilie im Jahr 1973, das Jugendheim in die Selbstverwaltung zu übernehmen. Die Mitglieder werden sich bald bewusst, dass so eine Aufgabe auch viel Last und Verantwortung mit sich bringt. Verdienstvoll aber unterstützen in den 70er und 80er Jahren zahlreiche Mitglieder die Führung des Vereins bei der Renovierung und den Ausbau des Hauses, das heute zu einem lebendigen Begegnungs-Mittelpunkt der großen Kolpingsfamilie geworden ist, nach deren geistigen Vater übrigens auch seit den 70er

Jahren ein Straßenzug benannt ist, der Adolf-Kolping-Ring ganz im Süden der Stadt. Mitglieder aber sind es in den 70er Jahren auch, die unter Leitung von Frau Elisabeth Rauner dem Hemauer Fasching eine Prinzengarde schenken und so die Fröhlichkeit ihrer Arbeit nach außen tragen. Neben der heiteren Seite des Lebens aber übersieht man in Hemau keineswegs die langen Schatten, aus denen heraus viele Menschen auf uns Wohlstandskinder schauen. Die Hemauer Kolpingsfamilie erwidert diese Blicke, indem sie sich an zahlreichen Hilfsaktionen der Diözese und des Zentralverbandes zugunsten der armen Menschen in Brasilien beteiligt (die jährlichen Gebrauchtkleider- und Altpapiersammlungen ist eine dieser Aktionen). Längst wirkt das Kolpingwerk weltweit und trägt die Idee ihres Gründers in viele Länder auf dem Erdball. Die Umsetzung dieser Idee stellt sich so immer in neuen zeit- und problemorientierten Formen dar. Die Angehörigen der Kolpingsfamilie repräsentieren diese Idee und ihre Verwirklichung.
Im Jahr 1986, fast genau 20 Jahre nach Zulassung von Mädchen- und Frauen-Mitgliedschaften im Kolpingwerk wurde dann mit Ingrid Eibl, geb. Edenharter, erstmals eine junge Dame als 1. Vorsitzende gewählt und damit hinter die 122 Jahre währende „Männerwirtschaft“ ein vorläufiger Schlussstrich gezogen. 13 Jahre leitet sie die Geschicke der Kolpingsfamilie und ist auch überregional als stellvertretende Bezirks- und Diözesanvorsitzende aktiv. Unter ihrer „Regentschaft“ werden zahlreiche Aktionen etabliert, die noch heute einen festen Platz in Jahresprogramm des Vereins haben wie z. B. das Palmbüscherlbasteln oder die Aktion „Wir warten auf´s Christkind“. Der 21. Oktober 1991 ist ein Glückstag für die weltweite Kolpinggemeinschaft. Ihr Gründer Adolph Kolping wird in Rom seliggesprochen und auch eine Abordnung aus Hemau ist an diesem geschichtsträchtigen Tag am Petersplatz dabei. Anfang der 90er Jahren erlebt die Jugendarbeit einen waren Boom. Der

unermüdliche Motor dieses Booms ist Otto Scherübl, der mit Beharrlichkeit und Überzeugungskraft immer wieder neue Jugendliche für die Kinder – und Jugendarbeit gewinnt. Bis Mitte der 90er Jahre sind mehr als 100 Kinder und Jugendliche in regelmäßigen Gruppen aktiv. Der Verein wächst auf ca. 300 Mitglieder. Wie wichtig diese Jugendarbeit ist, zeigt die Tatsache, dass die beiden Nachfolger von Ingrid Eibl im Vorstandsamt, Thomas Hanfstingl und Stefanie Penzkofer, geb. Rieger, dieser Jugendarbeit entstammen. So gut es auch zu dieser Zeit lief, so schwierig ist es heute, ca. 15 Jahre später, eine regelmäßige und funktionierende Jugendarbeit zu leisten. Nachdem die Kinder- und Jugendgruppen kurzzeitig sogar ganz aus dem Vereinsleben verschwunden waren, gibt es erst seit Ende des Jahres 2011 eine motivierte und funktionierende Jugendgruppe. Zur Jahrtausendwende bis zum heutigen Tag ist die Kolpingsfamilie Hemau eine äußerst aktive KF, die das Pfarrleben und auch das Leben der Stadt mit ihren zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen mitprägt. Dem Zeitgeist angepasst versucht sie den Geist Adolph Kolpings weiterzutragen. Im Jahr 2006 wurde das Jugendheim letztmalig unter enormen finanziellen Aufwand, woran sich natürlich auch die Kolpingsfamilie beteiligte, generalsaniert und auf den heutigen Gebäudebestand erweitert. Das Haus bietet nun Platz für alle Pfarrgruppierungen und darüber hinaus auch noch anderen Nutzern. Dies ist nicht zuletzt auch der Verdienst unseres Vereins, der vom Bau bis zur letzten Sanierung maßgeblichen Anteil an der Gestaltung dieses Gemeinschaftsortes hatte.