Lebensfreude und gegenseitige Unterstützung in der Gemeinschaft – Kolpingsfamilien im Ballungsraum von Buenos Aires, Argentinien, lassen sich weder von der Corona-Pandemie, noch von der allgegenwärtigen Wirtschaftskrise unterkriegen.
Unsere Kolpingschwester Sabine Brummel hatte Ende Februar Gelegenheit während einer Reise nach Argentinien und Uruguay mehrere Kolpingsfamilien im Ballungsraum von Buenos Aires zu besuchen. Dabei entstand ein beeindruckendes Bild der Lebensfreude, der großartigen Gemeinschaft in den Familien und der Unterstützung von Bedürftigen in den jeweiligen Stadtvierteln. Die Corona-Pandemie mit einem der härtesten Lockdowns der Welt, hat auch in den Kolpingsfamilien in Argentinien ihre Spuren hinterlassen, aber die Menschen vor Ort kämpfen sich mit ihrer Freude an gemeinsamen Aktivitäten tatkräftig aus diesen Zeiten der Isolation.
Aus den Medien ist uns Argentinien insbesondere durch die bereits lang andauernde Wirtschaftskrise und die zum Teil deutlich über 200% liegende Inflation bekannt. Diese volkswirtschaftlichen Probleme spiegeln sich im Alltag der Bewohner der Millionenmetropole Buenos Aires: Die extrem hohe Inflation führt zur Verarmung von weiten Bevölkerungskreisen und verschärft soziale Probleme. Hilfe wird also an vielen Stellen dringend benötigt. Und die Kolpingsfamilien unterstützen und packen tatkräftig mit an, wo man nur kann!
Zum Beispiel mit einer Suppenküche, oder mit Kinderbetreuung und -unterrichtung, aber auch mit Projekten, in denen Frauen im Malen unterrichtet werden, um mit den Bildern den Lebensunterhalt verbessern zu können. Im Nuestra Casa Center im Stadtteil Bernal arbeitet Kolping mit anderen Hilfsorganisationen zusammen. Ehrenamtliche Helfer vor allem auch aus der Kolpingsfamilie Bernal unterstützen hier die Sozialarbeiter. Täglich werden Mahlzeiten für ca. 350 Menschen zubereitet. Das Zentrum ist auch Anlaufstelle bei psychologischen Problemen, bei Behördengängen oder bei medizinischer Versorgung. Die Kinder berufstätiger und alleinerziehender Eltern werden nachmittags betreut und bekommen Hilfe bei den Schulfaufgaben.
Um auch finanziell unterstützen zu können, werden unter anderem Handarbeiten von den Kolpingmitgliedern verkauft: In den Kolpingsfamilien der Stadtteile Bernal, Varela und Quilmes werden beeindruckende Handarbeitsprojekte umgesetzt. In Kursen werden unter anderem Fähigkeiten im Nähen, Handarbeiten und Kochen vermittelt. Man trifft sich regelmäßig und dabei kommt natürlich auch der Spaß nicht zu kurz, wie in der Aufführung einer Volkstanzgruppe deutlich wird.
Die Kolpingsfamilie Bernal betreibt sogar eine Werkstatt für die Renovierung von Polstermöbeln. Hier erhalten Sessel, Stühle oder auch Sofas neue Bezüge und neue Polsterungen. Die Werkstatt ist so erfolgreich, dass die Leiterin der Werkstatt mittlerweile den früheren Auszubildenden als Mitarbeiter einstellen konnte! Auf engstem Raum werden hier professionell Möbel restauriert. Jede Menge Kundenanfragen müssen noch abgearbeitet werden.
Und dann gibt es auch noch das Kolping Radioprogramm in CABA (La Hora Kolping), in dem über die Familien und Projekte nicht nur aus dem Ballungsraum Buenos Aires, sondern auch anderen Regionen in Argentinien und natürlich über das Leben und Wirken von Adolph Kolping berichtet wird. Über das Radio werden auch Grüße an Mitglieder von Kolping weltweit versendet. Ganz im Sinne von „Wir sind Kolping“!
Ein besonderes Anliegen hat die Kolpingsfamilie Maria Peregrina im Stadtteil Vernal: Hier haben Kolpingmitglieder ein „Fühlbuch“ und andere sensorische Lernmaterialien für Kinder mit Autismus-Spektrum-Störung erstellt. Basierend auf der Montessori-Methode können autistische Kinder zwischen 2 und 5 Jahren kleine Aufgaben lösen. Es trainiert nicht nur das Verstehen von konkreten Zusammenhängen, sondern auch die Feinmotorik und die Unterscheidung von Farben und Formen. Entstanden ist die Idee aus den besonderen Anforderungen betroffener Familien. Die Bücher zum Anfassen sind so beliebt bei den Kindern und bringen so gute Lernerfolge, dass man diese gern auch für weitere Betroffene erstellen möchte. Hierfür sind Investitionen in einen Arbeitsraum, für Nähmaschinen und Materialien erforderlich. Mit dem Verkauf der „Fühlbücher“ könnte man zudem betroffene Familien unterstützen, um spezielle Therapien finanzieren zu können. Die Kolpingsfamilie hat bereits einen ausführlichen Projektplan erstellt und ist hochmotiviert an die Umsetzung zu gehen.
Nähmaschinen sind auch an anderer Stelle wichtige Utensilien. Derzeit nähen die fleißigen Helfer die Kleidung für Neugeborene und Kinder der Kolpingsfamilie „Ascunión de Maria“ komplett von Hand, da für eine Nähmaschine das Geld fehlt. Aber man sieht auch an vielen Stellen, dass internationale Unterstützung von Kolping vorhanden ist: Kücheneinrichtungen, Werkzeuge und (wenn auch teils etwas betagte) Nähmaschinen helfen den Kolpingsfamilien vor Ort enorm, ihre Projekte voranzutreiben.
Als Räumlichkeiten für die Treffen der Kolpingmitglieder stehen nicht in allen Familien regelrechte Vereinshäuser zur Verfügung: Die Familie Maria Peregrina trifft sich in einem Privathaus und die Familie Asunción de Maria trifft sich in einer kleinen Kapelle. Die Küche, die für Kochkurse genutzt wird, befindet sich dort in einem Raum direkt hinter dem Altar. Wichtig ist halt, dass man sich treffen, gemeinsam etwas bewirken und Freude haben kann.
In der Kolpingsfamilie Quilmes Oeste werden Treffen für ältere Menschen organisiert. So wird der Einsamkeit im Alter aktiv und voller Elan entgegengewirkt. Auch hier entstehen eindrucksvolle Handarbeiten, wie z.B. Etuis und Kleidung, die auf einem monatlichen Markt verkauft werden. Neben Nähkursen werden in Quilmes Oeste auch Kurse für MakeUp oder Gitarre angeboten. Ein Angebot, dass auch für junge Menschen attraktiv ist. So, wie auch die Koch- und Backkurse der Familie Asunción de Maria: Hauptsache gesund ist hier die Devise, mit der alle Altersgruppen angesprochen werden. Die gereichten Kostproben schmecken herrlich! Auch in dieser Familie entstehen in Kursen und während gemeinsamer Treffen wunderschöne Handarbeiten, wie etwa Utensilien und Kleidungsstücke für die Baby- und Kleinkinderaustattung oder auch selbst erstellte Geschenkartikel.
Insgesamt macht es sehr froh und motiviert ungemein in einem fremden Land so liebevoll und freundlich von Kolpingschwestern und -brüdern empfangen zu werden und zu sehen, dass die Kolpinggemeinschaft so voller Leben ist und die Ideen Adolph Kolpings in die Tat umgesetzt werden.
Ein ganz besonderer Dank gilt Eduardo Oscar Vargas, der als Regionaldelegierter für die Provinz Buenos Aires und CABA zuständig ist, und die Besuche der Kolpingsfamilien möglich gemacht und organisiert hat, sowie Jose Miguel Soto und natürlich allen Kolpingmitgliedern vor Ort, die sich die Zeit genommen haben, ihre Projekte und ihre Kolpingsfamilien vorzustellen!