Worte zu den kirchlichen Anlässen

Gedanken zum Palmsonntag 2022

Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche, der Weg des Gottessohnes in Schmerzen, Leiden und Sterben, Verspottung und Tod, der Weg der Passion.

Das Motiv des Palmsonntags, an dem Jesus auf einem Esel in die Stadt Jerusalem einzieht (Eangelium nach Matthäus 21 1-11), lädt uns dazu ein, ihm auch heute auf den Straßen unseres Lebens zu begegnen, in den Notleidenden aller Art. Bis zum heutigen Tag tun sich Menschen schwer mit diesem Gedanken.

Schon vor 2000 Jahren wurden Christen als Esel verspottet, wie sie einen scheinbar hilflosen Gott am Kreuz verehren. Warum geht Gott diesen Weg des Leidens, auf den er auch uns mitnehmen will? Es ist schwer zu verstehen, weil er nicht der menschlichen Logik entspricht. Glaube und Vertrauen ist gefragt, dass wir uns auf den Weg mit Gott einlassen können. Wir brauchen nicht den großen Glauben mitzubringen, einfach miteinander losgehen. Anfangs vorsichtig und mit tastenden Schritten. Dieser Gott geht in alle Höhen und Tiefen menschlichen Lebens, Schuld, Krankheit, Trauer, Leiden, Enttäuschungen und letztlich in den Tod.

Der Palmsonntag ist nicht nur ein Tag des Jubels. Der Jubelruf: „Hosianna“ schlägt nach wenigen Tagen um in den Ruf: „ans Kreuz mit ihm!“

Oberschleißheim ist von alters her „franziskanischer Boden“, letztlich durch das ehemalige Kloster „St. Franziskus“ in Mittenheim. Der Hl. Franziskus, der Luxuskaufmann, liebt elegante Kleider und tanzt durch sein junges Leben. Doch Krieg und Krankheit lassen seine Träume platzen. In der Schattenwelt von Assisi trifft er Entstellte, Obdachlose, Aussätzige und Ausgestoßene. In San Damiano überrascht ihn auch Jesus mit weit geöffneten Armen. Enterbt lebt Franziskus nun mit zerlumpten und notleidenden Menschen. Obdachlos „wie die Vögel des Himmels und gekleidet wie die Lilien des Feldes (Mt. 6), findet er in die neue Familie der Schöpfung. In Kälte, Hitze, Regen, Sturm und Dürre teilt Franziskus das Schicksal derer, die in der Natur leben. Er erkennt in allen Geschöpfen seine Geschwister – vom Vater geschaffen und von “Mutter Erde“ ernährt. Weil Jesus menschliche Gestalt angenommen hat war es für Franziskus wichtig, „leibhaftig“ zu leben. Im Gegensatz zu damaligen Moralisten sieht die Regel den Körper als Geschenk des Schöpfers, da Gott in ihm Wohnung nimmt. Im Schöpfungslied wird daran erinnert, dass Gott selber mit Leib und Seele in dieser Welt lebte. Liebevoll nannte Franziskus den Leib „Bruder Esel“, oft dienstbar, dann wieder störrisch, treu und wieder eigensinnig, wie der Esel. In Greccio feierte er die „Menschwerdung Gottes“ mit allen Sinnen. Die Vita zitiert einen Franziskus, der auf Teresa von Avila vorausweist:

„Für Bruder Leib muss man mit Klugheit sorgen, damit es ihm nicht zu viel wird zu wachen und im Gebet zu verharren. Bei richtiger Dosierung ist ihm jede Gelegenheit zu murren genommen.“

So wünsche ich uns allen einen friedvollen Palmsonntag, Gottes Kraft und Segen auf dem Weg in die Karwoche.

Präses Diakon Dieter Wirth