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Vorträge: 70 Jahre Kriegsende

veröffentlicht am

?70 Jahre Kriegsende ? Hilfe für Überlebende der KZs und Ghettos
Das Kolping-Bildungsprogramm widmet dem Kriegsende vor 70 Jahren zwei Vorträge in Zusammenarbeit mit dem Referat Weltmission / Gerechtigkeit und Frieden des Bistums Mainz. In einem ersten Vortrag am 28. April wird das Maximilian-Kolbe-Werk vorgestellt, im zweiten Vortrag am 19. Mai kommt eine polnische Jüdin zu Wort, um über ihr Schicksal zu berichten. Beide Vorträge finden im Katholischen Vereinshaus in der Wilhelmstraße 4 in Hochheim statt.
Das Maximilian-Kolbe-Werk unterstützt ehemalige KZ- und Ghetto-Häftlinge in Polen und anderen Ländern Mittel- und Osteuropas sowie deren Angehörige unabhängig von ihrer Religion und Weltanschauung. Es will zur Verständigung und Versöhnung zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk und mit anderen Ländern Mittel- und Osteuropas beitragen.
Im Rahmen einer Sühnewallfahrt reisten Mitglieder der deutschen Sektion von ‘Pax Christi’ im Jahr 1964 nach Polen. Sie suchten vor allem Kontakt zu polnischen Menschen: “Wir sind nicht gekommen, um politische oder völkerrechtliche Probleme zu lösen, sondern um ein neues Klima der Verständigung, der gegenseitigen Vergebung und einer neuen Achtung zu bereiten”. Die Gruppe begegnete dem damaligen Krakauer Erzbischof Karol Wojtyla und besuchte das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz.
Beim Besuch der Gedenkstätte Auschwitz traf die Gruppe auf ein Ehepaar. Beide waren ehemalige KZ-Häftlinge. Die Deutschen erfuhren von ihren schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen und beschlossen eine Unterstützungsaktion für sie. Aus dieser spontanen Initiative entwickelte sich die Aktion “Solidaritätsspende” für die Opfer der Konzentrationslager, beschlossen von der Delegiertenversammlung von ‘Pax Christi’ im Mai 1965 in Münster. Dies war das erste Bestreben, den überlebenden NS-Opfern in Polen von deutscher Seite aus Sympathie und Solidarität zu bekunden und ihnen durch finanzielle Unterstützung ein wenig das Leben zu erleichtern.
Die politische Entspannung und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen nach Abschluss des Warschauer Vertrags im Jahr 1970 ließen in Deutschland ein Klima entstehen, in dem die Gründung eines Hilfswerks mit dem Ziel der Verständigung und Versöhnung mit Polen denkbar wurde. Am 19. Oktober 1973 wurde das Maximilian-Kolbe-Werk offiziell durch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken und dreizehn katholische Verbände gegründet.
Das Werk war im Hinblick auf die Versöhnung mit Polen ein Vorreiter sowohl im politischen als auch im kirchlichen Kontext. Es bekundete bedingungslos die Schuld auf deutscher Seite, ohne sie gegen anderes Unrecht, beispielsweise das Schicksal der Heimatvertriebenen, aufzurechnen. Mit der Wahl P. Maximilian Kolbes zum Namenspatron wurde ein klares Zeichen gegeben. Pater Kolbe hatte den Hass gegen die Deutschen in sich überwunden und seine Mithäftlinge zu derselben Haltung aufgerufen. In Polen war Maximilian Kolbe schon damals sehr bekannt und tief verehrt. Die KZ-Überlebenden verstanden die Botschaft, die mit der Wahl des polnischen KZ-Häftlings Maximilian Kolbe verbunden war.
Das Maximilian-Kolbe-Werk hat sich vor fast 40 Jahren in seiner Satzung die Aufgabe gestellt, “zur Verständigung und Versöhnung zwischen dem polnischen und deutschen Volk, aber auch mit anderen Ländern Mittel- und Osteuropas, beizutragen”. Mit Hilfe vieler Spenderinnen und Spender und einer großen Zahl ungewöhnlich engagierter ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde ein wichtiger Beitrag im Versöhnungsprozess geleistet. Diese Aufgabe ist nicht beendet. Allein in Polen leben noch etwa 12.500 ehemalige KZ-Häftlinge und einige Tausend mehr in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Das Maximilian-Kolbe-Werk wird seine Bemühungen fortsetzen. Es wird weiterhin den KZ-Überlebenden vor Ort strukturelle und persönliche Hilfe leisten und gleichzeitig die Begegnung fördern, insbesondere zwischen den KZ-Überlebenden als Zeugen der Nazi-Verbrechen und der jungen Generation in Deutschland. Denn das wichtigste Anliegen der KZ-Überlebenden ist es, dazu beizutragen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.
Seit 1978 lädt das Maximilian-Kolbe-Werk KZ-Überlebende zu Erholungs- und Begegnungsaufenthalten nach Deutschland ein. Über 14.000 ehemalige KZ-Häftlinge nahmen bis heute daran teil. Für viele von ihnen sind diese Aufenthalte der erste Kontakt mit dem “Land der Täter” seit Kriegsende. Betreut von deutschen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verbringen die Gruppen zwei Wochen in Deutschland. Die Begegnung mit der Vergangenheit, mit deutschen Menschen, der deutschen Sprache und den Stätten des Leidens führt oft zu einer seelischen Befreiung. Seit 2001 kommen jährlich Überlebende ins Bistum Mainz, um vor allem an Schulen in Zeitzeugen-Gesprächen von ihren Erfahrungen zu berichten.
Alois Bauer, Mitarbeiter des Bistums Mainz, der diese Besuche mit organisiert, berichtet am Dienstag, den 28. April 2015 um 20.00 Uhr von der Arbeit des Kolbe-Werkes und von den Zeitzeugen-Gesprächen.
Am Dienstag, den 19. Mai 2015 um 20.00 Uhr, wird Frau Henriette Kretz, eine polnische Jüdin, von ihrem Schicksal berichten.
Im Mittelpunkt der Arbeit steht der einzelne Mensch, seine persönliche Geschichte und seine leidvollen Erfahrungen zur Zeit des Nationalsozialismus. Der Kontakt von Mensch zu Mensch ist eigentliches Kernstück der Arbeit. Das Maximilian-Kolbe-Werk ist für viele Opfer des NS-Regimes ein Vertrauensfaktor geworden und vermittelt vielen eine Geborgenheit, die weit über den Rahmen eines Hilfswerks hinausreicht.