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Lebenserinnerungen schreiben - wie geht das?

veröffentlicht am

Was ist ein Autobiografiker? Der Name “Autobiografiker” ist geschützt, es gibt eine eigene Ausbildung für diese Tätigkeit: Dr. Stefan Kappner hilft beim Anfertigen von Autobiografien. Auf Einladung der Kolpingfamilie Hochheim gab er Informationen zu Hintergründen und wertvolle Tipps für diese sinnvolle Beschäftigung. Autobiografische Texte sind nicht nur die Beschreibung des eigenen Lebens, sondern stellen stellen unter der Leitfrage “Wie bin ich zu dem geworden, was ich bin?” das Leben als Ganzes dar. Die meisten Bücher, die Stefan appner schreibt, werden nicht veröffentlicht, sondern werden ganz bewusst privat gehalten, meist für die Familie, für Freunde oder für Kunden. Kappner ermutigte die interessierten Zuhörer auch dazu, Lebenserinnerungen nur über einen Teil seines Lebens zu schreiben, thematisch oder zeitlich einzugrenzen. Man muss nicht immer den großen Wurf machen.

Autobiografien grenzen sich von Memoiren ab, die das Leben einer öffentlichen Person beschreiben. Dabei steht die Leitfrage “Wie habe ich mich verhalten, wie habe ich öffentlich gewirkt?” im Vordergrund. Als Beispiel für Memoiren sind die vierbändigen Erinnerungen des Konrad Adenauer wegweisend, der mit ihrem Erscheinen auch politisch etwas erreichen wollte. Und das ist auch ein Grund für uns, autobiografisch zu schreiben: Wirken, Werte vermitteln, Ansichten weitergeben. Anna Wimschneiders “Herbstmilch”, erschienen 1983, ist der Anfangspunkt für das öffentliche Interesse am “normalen” Menschen ? plötzlich ist auch das Leben einer Bäuerin interessant. Viele Menschen fühlten sich durch dieses Buch ermutigt, das eigene Leben auch interessant zu finden.

Den Schatz der Erinnerungen bewahren, damit er für Enkelkinder nicht verloren geht, Erfahrungen und Einsichten in einer weit verstreuten Familie oder dem Freundeskreis weitergeben sind nicht die alleinigen Gründe für das Anfertigen von Autobiografien. Im Schreiben selbst wird das Verständnis bei anderen und für sich selbst vertieft, vor allem bei Menschen, die Krisen und Brüche im Leben durchgemacht haben.

Ganz konkrete Tipps gab Stefan Kappner, der auch Schreibseminare leitet, für das Schreiben selbst.

Da aller Anfang schwer ist, rät er dazu, einfach so zu schreiben, wie man auch erzählt, und sich ein fiktives Gegenüber vorzustellen, zum Beispiel ein Enkelkind oder einen Freund. Auf keinen Fall aber den alten Deutschlehrer! Das Gedächtnis kann man gut dadurch anregen, dass man alte Fotos, Poesiealben, Tagebücher anschaut, oder auch Gegenstände aus der Vergangenheit, und sie anfängt zu beschreiben und sich damit auch der Geschichten erinnert, die sich mit ihnen verknüpfen. Anfangs sollte man auch nicht systematisch arbeiten, sondern vor allem sammeln:
Einfälle, einzelne Episoden, Fragmente. Erst später ensteht dann eine Ordnung, Zusammenhänge oder eine Gliederung.

Im Mittelpunkt der Autobiografie stehen Geschichten, nicht der historische Hintergrund. Das Interessante ist das eigene Leben, wann es sich geändert hat, welche wichtigen Entscheidungen getroffen wurden, was Überraschendes, Freudiges, Schlimmes passiert ist.

Schon zu Beginn sollte man überlegen, wie wichtig Bilder für die Autobiografie sind und in welchem Verhältnis sie zum Text stehen. Die Spannbreite einer Autobiografie kann von einem kommentierten Fotoalbum bis zum reinen Textbuch reichen, mit einem ganzen Kontinuum von Möglichkeiten, die dazwischen liegen.

Die technischen Möglichkeiten schließlich, ein Buch drucken zu lassen, sind einfach geworden, der Teufel steckt allerdings oft im Detail, so zum Beispiel einem Schrifttyp oder zu langen Zeilen, die gute Lesbarkeit erschweren. Hier ist doch professionelle Hilfe oft wichtig, wenn man die Arbeit nicht ohnehin an einen Verlag geben möchte.

Viele interessante Einwürfe, einzelne Lebenserinnerungen und abschließende Gespräche zeigten, wie anregend der Vortrag von Stefan Kappner war. Man darf gespannt sein, wie viele Hochheimer sich jetzt an das Schreiben der eigenen Lebenserinnerungen wagen.