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Kolpingsfamilie

Hennef

Portrait Adolf Kolping
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Besuch beim HöVi-Land mit Pfarrer Franz Meurer

veröffentlicht am

Mitglieder der Kolpingsfamilie Hennef haben sich bei Sozialpfarrer Franz Meurer in den Stadtteilen („Veedel“) Köln-Höhenberg und -Vingst über die Aktivitäten der katholischen Kirchengemeinde St. Theodor und St. Elisabeth informiert. Der Besuch begann mit einer Heiligen Messe in St. Theodor, einer modernen Betonkirche. Viel jünger als gewöhnlich erschien das Alter der Gottesdienstbesucher. Das lag nicht nur daran, dass die Kommunionkinder noch einmal feierlich daran teilnahmen und ihre Andachtsgegenstände segnen lassen könnten. Die Gemeinde ist insgesamt ungewöhnlich. Damit ist nicht gemeint, dass zum Taize-Gebet sowie zum Bibel-Teilen eingeladen wurde – das gibt es auch andernorts. Aber in welcher Kirche sind der Gottesdienstraum und die Begegnungsstätte mit Tischen, Bänken/Stühlen und Kaffee-Automat nur durch eine Glastür abgetrennt? Wo werden die Kirchenlieder nicht nur mit Gotteslob-Nr. angekündigt, sondern auch die Liedtexte in großer Schrift auf die Stirnwand des Kirchraumes projeziert? Wo dürfen beim Wortgottesdienst die Kommunionkinder erzählen, mit welchen Speisen, Geschenken und Attraktionen sie ihren „schönsten Tag des Lebens“ begangen haben? Wo traut sich ein Kommunionkind, das sein Andachts-Kreuz zu spät hervorgeholt hat, den Pfarrer mit einem Handzeichen zu unterbrechen und um eine Extraportion Weihwasser-Segen zu bitten?

Letzteres erlebte eine Besucherin aus Hennef, selbst erfahrene Mutter und von Beruf Lehrerin, als besonders beeindruckend. Ein Kind, das sich eine solche Bitte zutraue, müsse sich sehr sicher und geborgen fülen. Pfarrer Franz Meurer sah diese Reaktion ebenfalls sehr positiv und bedankte sich dafür bei dem Kommunionkind. Aber die Kirchengemeinde St. Theodor und St. Elisabeth hat noch viele weitere Einmaligkeiten. Unter dem Gottesdienstraum befindet sich ein Basement mit 890 Quadratmetern und 3,90 Metern Höhe. Dort untergebracht sind eine Fahrradwerkstatt, in der jährlich 2.000 bis 3.000 Räder verkehrstüchtig gemacht werden, eine Lebensmittelausgabe, eine Kinderkleiderkammer und ein Kleiderladen. Dort kann man auch einen Führerschein für Gabelstabler machen, was die Integrationschancen in der Arbeitswelt wesentlich erhöht. Die Kinderkleidung, Fahrräder und Lebensmittel werden an Bedürftige verschenkt. Im Second-Hand-Laden kosten die Kleidungsstücke einstellige Eurobeträge. Am kostbarsten aber ist die persönliche Wertschätzung des Einzelnen. Dass Pfarrer Franz Meurer selbst gespendete Kleidungsstücke trägt, ist ein unaufdringliches Zeichen der Annahme.

Den Höhepunkt der vielfältigen sozialen Aktivitäten bildet HoVi-Land, das dreiwöchige Ferienangebot im Sommer. Rund 100 jugendliche Helfer, 300 Erwachsene und 450 bis 620 Kinder nehmen daran seit über 30 Jahren teil. Das diesjährige Angebot der ökumenischen Initiative ist bereits ausgebucht, aber es gibt noch Chancen über eine Warteliste.

Welche weiteren Angebote es gibt, darüber berichtet die Homepage der Kirchengemeinde.

Zu den Kuriositäten und Einmaligkeiten gehört die Textilrutsche, in der jederzeit wiederverwendbare Kleidungsstücke eingeworfen werden können. Sie ist mit einer Sprinkleranlage ausgestattet – aus Brandschutzgründen, die aber noch nie einsetzen musste. Einmalig sind auch der Rad-Trainingsplatz und die Bunker-Bibliothek. In den umfangreichen Lagerräumen fällt auch die Weihnachtsdekoration auf, die an Wänden lagert. Franz Meurer meint, das Wahre, Schöne und Gute führe die Menschen zum Glauben an Gott. Mit der Weihnachtsdekoration wird das Veedel verschönert. Ihr eigenes Selbstverständnis hat die Gemeinde in einem „Pfarrprogramm“ in Worte gefasst.

Pfarrer Meurer meint, dass andernorts das Evangelium besser umgesetzt werde als in HöVi-Land. Das ist keine geheuchelte Bescheidenheit, sondern authentisch. Natürlich sind die Mitarbeitenden hier auffällig menschenfreundlich. An diesem Ort wird jeder Mensch geachtet und geschätzt. Das pastorale Konzept setzt beim konkreten Menschen und dem, was ihn gerade bewegt, an. Ganz unmittelbar im Hier und Jetzt.  Der Pfarrer selbst ist zwar Vorbild und erster Umsetzer, aber er ist nicht der große Antreiber. Wer sich engagiert, muss das wirklich aus eigener Überzeugung und Neigung wollen. Es gibt offenbar keine „Stars“, aber viel Frei- und Gestaltungsräume für die Engagierten. Teilhabe hängt von Teilnahme ab, schreibt Pfarrer Franz Meurer in einer Chronik über die Pfarrei. Wer etwas macht, hat Macht. Denen, die mitmachen, wird Gestaltungsmacht überlassen. Die meisten Aktivitäten werden von Betroffenen erbracht; nur zwei Personen werden etwas bezahlt. Nicht Geld, sondern Vertrauen bildet das große Kapital in HöVi-Land. Und es funktioniert.

Die Kölner Vororte Höhenberg und Vingst verzeichnen laut Pressebericht 42 Prozent Kinderarmut und 28 Prozent überschuldeter Familien. Über 80 Prozent der Schüler haben einen Migrationshintergrund. Obwohl nur vier Prozent der Gesamtschüler eine Gymnasial-Empfehlung erhalten, erreichen 50 % ein Abitur. Schulleitung und Lehrerkollegium sind „angesteckt“ vom HöVi-Land-Fieber und arbeiten eng mit der Kirchengemeinde zusammen.