Kolping & Werk

Zitate Adolph Kolpings

Der Gesellenverein (1848/49)

Der Gesellenverein (1848/49)

“Zur Beherzigung für alle, die es mit dem wahren Volkswohl gut meinen”

( … ) Man richte nur in allen Städten, wenn nicht in allen größeren Gemeinden, einen freundlichen, geräumigen Saal ein, sorge an Sonn- und Feiertagen wie am Montagabend für Beleuchtung und im Winter für behagliche Wärme dazu und öffne dann dies Lokal allen jungen Arbeitern, denen es mit ihrem Leben und ihrem Stande nur immer ernst ist. Da die jungen Leute, die der Einladung folgen, Gemeinsames mit ziemlich gleichen Kräften wollen, bilden sie dadurch einen Verein, für dessen Bestehen und Gedeihen ein Vorstand von achtbaren Bürgern, die dem guten Zwecke zu dienen entschlossen sind, zu sorgen hätte und an dessen Spitze ein Geistlicher stehen soll, der dieser Stelle mit all der persönlichen Hingebung und Aufopferung vorzustehen hat, welche sein heiliges, gerade dem Volke gewidmetes Amt und die gute Sache erheischen. je nützlicher und angenehmer, je freier und würdiger der Aufenthalt in dem Vereinslokal für die jungen Leute gemacht wird, um so größer wird die Teilnahme sein, um so fester werden sie bei der guten Sache halten. Da dürfte es nicht an guten Büchern, Schriften und Zeitungen fehlen, nicht bloß, die das religiöse Interesse vertreten, sondern die auch, was ja nicht zu übersehen wäre, dem bürgerlichen Leben gelten, die gewerbliche Gegenstände behandeln und, soviel wie möglich, jedem Handwerker von Nutzen sein können.

Dazu muss das lebendige Wort treten. Da wäre die Gelegenheit günstig, die Religion als die Grundlage des Volks- und Menschenglückes wieder anzubauen und den Herzen nahezubringen wie überhaupt auf alle Lebensverhältnisse einzugehen, die den Gesellen berühren und deren Besprechung ihm von überaus großem Interesse sein müsste. Wenn man einesteils dahin zu wirken hätte, die jungen Leute mit nützlichen und angenehmen Kenntnissen aus allen ihnen zugänglichen und passenden Gebieten des Wissens zu bereichern, würde man von der anderen Seite sie warnen, führen und leiten können auf den Wegen, die sie gegenwärtig wandeln. Erfahrung und Beispiel würden eindringlicher durch das lebendige Wort wirken. Klar und unablässig könnte man ihnen ihren wahren Beruf, ihr echtes Lebensziel vor Augen halten wie die Mittel besprechen, dies Ziel auf die sicherste Weise zu erreichen. Tüchtige Bürger sollen sie werden, zu tüchtigen Bürgern muss man sie erziehen. Ein tüchtiger Bürger muss ein tüchtiger Christ und ein tüchtiger Geschäftsmann sein, nun, dann muss man der betreffenden Jugend wenigstens insoweit zur Hand gehen, dass sie beides werden kann.

Tüchtige Bürger gedeihen aber nur in einem tüchtigen Familienleben. Wenn das für unsere Jugend anderwärts fehlt – und dass es fehlt, wissen wir alle sehr gut -, dann suchen wir unseren jungen Leuten durch einen solchen Verein wenigstens annähernd die Vorteile zu gewähren und darauf mit allen Kräften hinzuwirken, dass diejenigen, welche sich um uns scharen, einst eine bessere, an Leib und Seele gesündere Generation in besserem Familienleben erziehen. Unendlich reich und mannigfaltig ist das gewöhnliche bürgerliche Leben, und tausend Seiten bietet es dar, die der belehrenden, zurechtweisenden, züchtigenden und freundlich weisenden, gar heiteren Betrachtung Stoff bieten. Nichts dürfte da verschmäht werden, keine Freude, kein Leid; in allem liegt ein Keim, oft sogar ein reicher Fonds des Guten, den man nicht zertreten, nicht wegwerfen dürfte, weil vielleicht der Missbrauch sich desselben entstellend bemächtigt hat.

Das Volksleben hat, seit man die Kirche ihm immer mehr zu entfremden gesucht, gar keine erziehende Pflege gefunden, und wenn es vielfach verwilderte oder abstarb, ist das unter gegebenen Umständen wohl nicht anders möglich gewesen. An die Stelle der Kirche hat sich zwar die Polizei zu setzen gewusst, indes ist und bleibt diese doch die schlechteste Volkserzieherin, die es nur geben kann. Die Zeitungen liefern uns gegenwärtig dazu die nötigen Belege. Jetzt ist die Zeit gekommen, wo dies Volksleben, nachdem es die unnatürlichen Bande gesprengt, welche kurzsichtige Weisheit mit Gewalt ihm angelegt, wieder frisch und fröhlich emporblühen soll und will. Hoch und wild bäumt es sich zwar auf, böse Kräfte und Säfte haben sich unter langjährigem Druck gesammelt, die nun in leidenschaftlichem Streit sich zu entzünden drohen. Aber nichtsdestoweniger liegt noch gesunde Kraft im Volke, nur muss sie bewahrt, gepflegt, gemehrt werden, indem das Wilde und Schlechte mit sorgsamer, freundlicher, aber fester Hand ab- und ausgeschieden wird.

Das könnte füglich durch einen solchen Verein geschehen. Je klarer und einfacher nämlich diesen Leuten mit ihrem meist guten Willen und gesunden Verstande die Wahrheit gesagt wird, je schonender man das Leben in allem Zulässigen behandelt, ihre Freuden wie ihr Leid auf den wahren Wert zurückführt, je fester man hinwieder bei dem einmal erkannten Guten verharrt, um so lieber nehmen sie das Gute an, um so williger lassen sie sich lenken und leiten, um so schonungsloser darf man dem wahrhaft Schlechten zu Leibe gehen. Ist dann erst das Bewusstsein des Besseren geweckt, werden sich die Herzen dem Guten wieder mit doppelter Freude öffnen.

(Kolping Schriften 3, S. 53 f)

 

Zitate Adolph Kolpings zum Thema „Mut“

Zitate Adolph Kolpings zum Thema „Mut“

Solange uns Gott Kräfte verleiht, schaffen wir rüstig und wohlgemut weiter. Die Zukunft gehört Gott und den Mutigen.

(KS 2. S. 371)

Vertrauend der Gnade des Herrn, der durch Schwache die Taten seiner Herrlichkeit ausführt, gehen wir mutig in den Weinberg des Herrn, in seinem Namen unser Tagewerk beginnend.

(KS 2, S. 100)

Drückt die Last, schreckt die Gefahr, wenn der sündige Mensch zur Erde blickt und bloß seine Kräfte abmißt, dann erhebt sich doch mit freudigem Gefühle sein Herz, wenn die Stimme dessen vom Himmel ihm zuruft, dem alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden, der die Liebe des Menschengeschlechtes geworden und der seinen Heiligen Geist gesandt hat, die Schwachen zu stärken und zu ermutigen.

(KS 9, S.1)

Es aller Welt gut machen ist nicht möglich … Allerdings darf man sich dadurch nicht von einer guten Sache abschrecken lassen, darf sich nicht mal den Mut beugen lassen; aber – unnötig Leid vom Halse halten ist eine gar praktische Lebensregel.

(KS 2, S.143)

Wollen wir etwas sein und werden, so müssen wir es selber tun, denn unser Kapital liegt nicht in den Verheißungen der Schwätzer, die haben keins, auch nicht im großen Los, denn sehr wenige Menschen gewinnen es, sondern zuerst da, im Herzen, im Mute eines Mannes, in unserer Faust, d. h. in unserer Arbeitskraft, in unserem Verstande.

(KS 3, S.261)

Wer Gutes unternimmt mit Vertrauen auf Gott, hat doppelten Mut, der Mut wächst nämlich immer mit dem Herzen, und das Herz wächst mit jeder guten Tat.

(VK 1852, S. 30)

Wenn wir erst mit redlichem Willen und rüstigem Mute ans Werk gehen, wird Gott schon bei uns sein. Auf Gott vertraut und rüstig fortgebaut, wir alle zusammen, denn der ist nicht wert, daß man ihm hilft, der sich nach Kräften nicht auch selber hilft.

(KS 3, S.284)

Besser bescheiden und demütig anfangen und stark und mutig mit Gott weiterführen und siegreich zu Ende, zur Vollendung bringen, als im Anfange viel Spektakel machen und hintennach über aller Arbeit den Mut verlieren. … Die Hauptsache ist, daß man selbst den Mut nicht sinken läßt, daß man die Geduld nicht verliert, sich in der Treue an der Sache nicht wankend machen läßt.

(KS 2, S.169)

Der Mut wächst, je größer die Hindernisse sind.

(KS 2, S. 202)

Wohin Gott den Menschen stellt, dort ist sein Beruf, dort gedeiht er am besten, dort soll er seine Kräfte entfalten. … Wer einen Platz hat, auf den ihn nicht sein eigener Mutwille oder sein törichter Hochmut gebracht, sondern auf dem er steht mit besonnener Wahl und dann durch göttliche Fügung, der muß den durch diesen eingenommenen Platz ergriffenen Beruf mit der ganzen Kraft seines Herzens erfassen und zu erfüllen streben

(KS 4, S.126)

Lassen wir Gott vertrauend und mit frohem Mute darum zusehen, was wohl zu tun sein mag. Alles übrige wird dann Gott in seiner Barmherzigkeit fügen, wie es gut ist.

(KS 2, S. 265)

Wenn wir überhaupt jemals Ursache haben, den allwaltenden Gott in den armseligen irdischen Zuständen zu sehen und seine Gnade und Barmherzigkeit zu preisen, dann in unseren Tagen. Darum sollen wir aber auch nie die Ohren hängen lassen, sondern mutig aufwärts schauen und mit nie versiegender Zuversicht am Werke Gottes vorwärts arbeiten. Nur was mit ihm und für ihn geschieht, bleibt bestehen, wenn auch der ganze übrige Plunder holterdiepolter übereinanderpurzelt.

(KS 2, S. 281)

Also nur guten, fröhlichen und frischen Mut, und wenn das Stück Arbeit auch noch so riesig aussehen sollte. Der große Gott, der die hohen Alpen aufgetürmt hat, der das ungeheure Weltmeer ausgegossen, hat auch die Pfade gezeigt, die über die Berge führen, und das Holz leicht gemacht, daß es auf dem Wasser schwimmt, und Wind dazu, daß man rund um die Erde segeln kann.

(KS 2, S. 284)

Nur mutig vorwärts, Gott wird für die Zukunft sorgen! Wir Menschen machen uns viel zu viel Sorgen um die Zukunft. Wir klagen über die Vergangenheit und achten nicht genug der Gegenwart.

(KS 4, S.365)

Der Wochenpolitikus gehört zwar nicht zu denjenigen, die an die Unwandelbarkeit der irdischen Wohlfahrt glauben, aber er gönnt sie doch den Leuten, vielmehr hält er mit vielen andern diese materielle irdische Wohlfahrt noch lange nicht für das Höchste und Wünschenswerteste im Leben, er glaubt sogar, daß, wenn vielen Leuten eben dieser Glaube an die bloß zeitlichen Dinge recht gründlich erschüttert wird, sie den sogenannten Gemeinplatz, daß alles Irdische vergeht, recht handgreiflich erfahren, diese Erfahrung von noch größerem Nutzen sein kann, als die zeitliche Wohlfahrt je gewesen ist. Er meint, das Leben habe noch höhere Güter, noch eine viel erhabenere Bedeutung, als Handel und Wandel, Geld und Gut sie gewähren können, und er meint deshalb, daß, wenn jene höheren Güter in Gefahr geraten, wenn es sich um den wahren Wert des Lebens handelt, man die zeitlichen Dinge auch mutvoll und getrost dafür könne und müsse in die Schanze schlagen.

(RV 1859, S. 135)

Die Zeit ist wahrlich nicht dazu angetan, die Hände in den Schoß zu legen und dem schrecklich sich entwikkelnden Schauspiele der neuen, politischen Weltgeschichte mutlos und tatlos zuzuschauen, endlich mit der feigen Ausrede, es nutze alles Kämpfen und Ringen doch nichts, unsere Gegner seien übermächtig und was kommen solle, lasse sich doch nicht abwenden…. Wir halten das Sich-Wehren und Kämpfen mit den Mitteln und Kräften, die uns Gott gegeben hat, im Reiche Gottes, und also auch für Wahrheit und Recht auf Erden, für eine christliche Bürgerpflicht, zu deren Erfüllung jeder in seiner Art heute mehr als je aufgefordert ist. Es stehen die heiligsten Güter der Menschheit auf dem Spiel, da darf man nicht tatlos zusehen. Also greifen wir Gott vertrauend zum alten Tagewerke und hoffen, daß ihm Gottes Segen auch fürder nicht fehle.

(RV 1860, S. 554 f.)

Das wirkliche Können hängt aber von der vorhandenen Kraft und von dem Mute ab, diese Kraft zu verwenden, wobei die Einsicht und Erfahrung nicht fehlen darf, daß der nötige Mut die vorhandene Kraft auch in rechter Weise, am rechten Ort und zum rechten Zweck verwendet.

(RV 1861, S. 330)

Die Wahrheit kann ja bekämpft, aber nicht überwunden werden. An uns nur ist es, nicht mit den Wölfen zu heulen, den politischen und sozialen Irrwischen als Schweif uns anzuhängen, sondern treu zur Fahne unseres Glaubens zu stehen, mutig in Tat und Wort zu bekennen, wessen Geistes – ich sage welcher Mutter – Kinder wir sind und im christlichen Gutestun nicht zu ermüden! Je bedrängter die Zeiten werden, um so größer wachsen tüchtige Herzen, und niemals ist das Christentum auch öffentlich näher am Sieg, als wenn es in Opfern sich gleichsam erschöpfen muß.

(KS 5, S.283)

Wer Mut zeigt, macht Mut.

(RV 1864, S. 559)

30 Zitate Adolph Kolpings zum Thema „Glück“

30 Zitate Adolph Kolpings zum Thema „Glück“

Es kann nichts Ernsteres und Wichtigeres geben, als eine Lebensrichtung zu begründen; von ihr hängt alles, alles ab, des Menschen Glück und Unglück, sein Wohlbehagen, sein ganzer Gehalt und der Stand zur ganzen menschlichen Gesellschaft, wie auch die Erfüllung eines Berufes, der noch über alles dieses geht – ich meine die Bestimmung zu einer ewigen Seligkeit. Geht der erste Wurf fehl, fasst man das Leben von einer unrechten Seite auf, setzt man das minder Wichtige dem Wichtigen nach oder handelt man nur so, wie die Sinnlichkeit den Menschen antreibt, so ist viel, meist alles verloren.

(KS 2, S. 7f.)

Der Mensch hat freien Willen, kann, soll und muss sein Heil wirken, wofern er hier und dort will glücklich werden.

(KS 1, S.120)

Der Mensch ist der Schöpfer seines Glücks, seiner Größe nicht, denn die bestimmt der Himmel, aber seines Wertes in den Augen Gottes und der Menschen.

(KS 2, S. 30)

Deiner Bestimmung gedenke, mein Christ, wer du auch immer sein magst. Halte deshalb eine Weile inne auf deinem breitgetretenen Lebenswege. Deiner Bestimmung gedenke, blicke vorwärts, wohin du strebst, schau zurück, woher du kommst, dich selber betrachte, was ist’s mit dir, was bist du, was sollst du, was willst du? Siehe, du wandelst täglich auf dem Wege zwischen deiner Wiege und deinem Grabe, von Wahrheit und Lüge umgeben, bald von Hass, bald von Liebe getrieben, bald Herr, bald Knecht, bald beides zusammen, auf und nieder schwankend in dem wechselvollen Leben in Glück und Unglück, in Leid und Freude, in Gutem und Bösem, wie Tag und Nacht sich treibend verdrängen und bald im Lichte dich zum Leben erwecken, bald in Finsternis dich in todähnlichen Schlaf versenken. Halte ein, mein Christ, stehe eine Weile stille, lass das bewegte Leben einmal an dir vorübergehen, damit dein Herz ruhiger werde und dein Verstand zu ernsterem Nachdenken sich anschicke.

(KS 9, S.4)

Glücklich aber wird der Mensch, wenn er, zufrieden mit der Stellung, die ihm Gott gegeben, gerade mit Ehren und Treuen den Platz ausfüllt, den die Vorsehung ihm zugewiesen, wenn er sich eifrig bestrebt, tüchtig das zu sein und zu werden, was er sein und werden soll.

(KS 3, S.66)

Ohne ein kräftiges, lebendiges Christentum ist es mit dem Menschen nichts und wird es auch nichts. Ohne ein tüchtiges Christentum kein kräftiger Halt im Leben, keine wahre Zufriedenheit, keine rechte Tugend, keine dauernde Rechtschaffenheit, ohne lebendiges Christentum kein Glück. Das Christentum ist die eigentlich gesunde Kraft im Leben; wo es mangelt, ist das Leben krank.

(KS 3, S.67)

Des Volkes Glück beruht auf persönlicher Tüchtigkeit, religiöser und bürgerlicher Tugend, seine Zukunft auf einer tüchtigen Jugend, sonst nirgends. Die Menschheit ist keine tote Masse, die man mit Experimenten umwandeln kann; langsam und stetig geht’s bei ihr zum Verderben, langsam und stetig kann es auch nur zum Besseren gehen.

(KS 3, S.112)

Auch dankbar sein können ist ein seliges Glück.

(KS 2, S. 161)

Die Rettung des Menschengeschlechtes fängt bei der Familie an, bei der Ehe, bei der Hochzeit – also nicht in Volksversammlungen und auf dem öffentlichen Markt der Welt, sondern am häuslichen Herde, nicht in den Hörsälen der Weltweisen, nicht in der Werkstätte der Künstler, nicht in der Arbeitsstube des geistreichen Erfinders, nicht im militärischen Lager, nicht in der Wortschlacht der öffentlichen Debatte, am allerwenigsten in der Hetz- und Treibjagd der Presse. … Die Erlösung der Menschen beginnt mit der Wiederherstellung des heiligsten, zartesten, ehrwürdigsten und teuersten Bandes, welches auf Erden Menschen an Menschen knüpft, mit der Wiederherstellung des Familienbandes. … Bei der Familie fängt die Heilung an und muss sie anfangen, weil die Familie die Wiege der Menschheit ist, weil die Familie die erste Erzieherin der Menschheit ist. Es gibt kein Glück, irdisch genommen, was im Grunde das wahre Familienglück aufwiegt, und kein irdisch Unglück, was mit dem Familienunglück könnte verglichen werden.

(KS 3, S.136f.)

Gott der Herr hat das vierte Gebot, das Familiengebot, an die Spitze aller menschlichen, d. h. sozialen Gebote gestellt, weil von seiner Beobachtung und Heilighaltung das Glück der Menschheit, ihre Wohlfahrt, ihr gesegnetes Bestehen nicht allein, sondern auch die Gewähr der Heilighaltung der anderen Gebote gegeben ist.

(KS 3, S.137)

Was ist es wohl, was die Familie so eng aneinander schließt, was ihr das frische und fröhliche Leben mitteilt, was sie im Glücke ehrwürdig, im Unglücke trostreich macht? Das ist ihre Seele, das ist die Liebe.

(KS 3, S.138)

Könnten wir dahin wirken, daß die Familien wieder das sind oder würden, was Gott will, das sie sein sollen, dann hätten wir in der Hauptsache die Menschheit, die Gesellschaft gerettet, tausende, und zwar der empfindlichsten Leiden aus der Welt verbannt, unermeßliche Klagen erstickt und ihnen vorgebeugt, Ströme von Tränen getrocknet oder sie unmöglich gemacht, unermeßlich viel Glück gestiftet für die Gegenwart und Zukunft. Wäre unser Familienleben das, was es sein soll und sein muß, dann gäb’s auch wieder tüchtige Menschen, mit denen man etwas Tüchtiges ausrichten könnte.

(KS 3, S.151)

Tollgewordene Liebe ist eine solche, die nur sich selbst anerkennt, die nur die eigenen Wünsche will zufriedengestellt haben, die nur haben und genießen will und deshalb im Grunde nur an sich glaubt, auf sich selber hofft und sich selber liebt. Die sieht und weiß allerdings nichts anderes als den Gegenstand ihrer sogenannten Liebe, und zwar strebt sie nicht dahin, diesen wahrhaft glücklich zu machen, sondern ihn nur zu haben und zu genießen. Sie ist recht eigentlich Götzendienst, am mildesten ausgedrückt eine Krankheit des Herzens, nur ist sie leider oft tödlich.

(KS 3, S.186)

Die Seele stammt von Gott und ist zur ewigen Glückseligkeit bei Gott bestimmt; das ist die erste Grundwahrheit, auf der das ganze Menschenleben ruht, was ihm allein rechten Sinn und Verstand gibt.

(KS 3, S.215f.)

Das Glück der Menschen das liegt nicht in Geld und Gut, sondern es liegt in einem Herzen, das eine wahrhafte Liebe und Zufriedenheit hat.

(KS 3, S.267)

Gott hat dem Menschen den Raum der Erde und die Zeit des irdischen Lebens, die Kräfte des Geistes und Körpers mitsamt seiner Gnade nicht umsonst verliehen, nicht darum, daß Er doch alles allein tue, sondern darum, daß der Mensch mitschaffe und wirke und die Zwecke erringen helfe, für die ihn Gott in die Welt gesetzt. Zum Schlafen sind wir nicht geschaffen, sondern zum Arbeiten; nicht zum Essen und Trinken, sondern zur Anwendung der dadurch erworbenen Kräfte, und Glück oder Unglück ist gewissermaßen in unsere eigene Hand gelegt, denn wie wir’s machen, so wird’s uns ergehen.

(KS 3, S.281)

Von dem Wahn bin ich nicht angesteckt, als wenn man durch irgendeine menschliche Einrichtung, und wäre sie die gescheiteste der Welt, alle Menschen glücklich machen oder auch nur bekehren könnte, bekehrt doch selbst das göttliche Christentum die Menschen nicht alle, einfach deshalb, weil es der Freiheit des Menschen nicht zu nahetreten will.

(KS 3, S.283)

Häusliche Tugend und bürgerliche Tugend sind sich nicht bloß verwandt, sondern im Grunde ein und dasselbe. Häusliches Glück und bürgerliches Glück, Wohlbestand der Familien und Wohlbestand des Gemeinwesens ist die verschiedene Benennung einer und derselben Sache.

(KS 3, S.305)

Mir sind die Leiden im Leben noch immer mehr wert gewesen als alles bloß äußere Glück, als aller Ruhm usw. Sie haben mich weicher gesotten und mich Mitleid gelehrt, und darum: Gott sei Dank auch für die Leiden.

(KS 2, S. 184)

Das Menschenherz ist vom Schöpfer so eingerichtet, daß es lieben muß, d.h., daß es sich an etwas hingeben muß, was es nicht selber ist. Dieses Sich-Hingeben kann das Menschenherz, will es anders glücklich sein, nicht missen; denn die Liebe kann und will nicht allein sein.

(KS 9, S.289)

Die täglich sich erneuernde Liebe, weil sie täglich füreinander tätig ist, ist die Würze des Familienlebens; diese füreinander tätige Liebe, durch die der eine sein Glück im Glücke des andern sucht, verleiht, um mich des Ausdruckes zu bedienen, dem ehelichen Leben, also der Familie, jene merkwürdige Spannkraft, welche durch alle Beschwer des Lebens hindurchträgt und mit jedem neuen Tage die Familienmitglieder enger und kräftiger unter sich verbindet.

(KS 4, S.254)

Glück und Segen sind ein paar so zarte, geheimnisvolle Gaben Gottes, ein so eigentümlicher Schatz im Leben, daß man sie weder mit Geld kaufen noch mit Gelehrsamkeit einstudieren kann.

(VK 1862, S. 5)

Die Zeit ist ein wichtiges Pfand in der Hand des Menschen, ein ihm anvertrauter Schatz, dem fruchtbaren Samenkorn vergleichbar, das der Mensch ausstreuen und pflegen soll für Zeit und Ewigkeit. Jede verlorene oder verdorbene Zeit ist im Grunde genommen ein Frevel am kurzzeitlichen Dasein, am wahren Glück, an der wirklichen und darum ewig dauernden Glückseligkeit.

(KS 5, S.219)

Alles Leid, was man heute in der Welt beklagt, kommt ja auch daher, daß die Menschen sich nur gar zu sehr von Gott und seinen Geboten abgewandt haben und nun in törichtem Unverstande das Glück, die Freiheit und den Frieden suchen, wie sie auf dem Boden des Unglaubens und der Gottlosigkeit nun einmal nicht wachsen und gedeihen können.

(VK 1863, S. 5)

Das meiste Gute, das dem Menschen zuteil wurde, knüpft sich an jene Personen, die seine erste Kindheit umgaben; die ersten harmlosen Freuden, das erste fröhliche Leben seines innersten Herzens geht zurück in die frühesten Tage seines Lebens. Aus einer braven und ehrenhaften, wenn auch geringen und armen Familie herzustammen, ist das größte Glück für den Menschen und ein Ehrendiplom für sein ganzes künftiges Leben. Die spätere Welt kann nur pflegen und fördern, was eine gute Erziehung dem Menschen im Keime bereits gegeben hat, aber sie kann ihm nicht mehr ursprünglich geben, was er von daheim muß empfangen haben.

(KS 5, S.356f.)

Es liegt in der Natur des Menschen, das selbstverschuldete Leid vor der Welt zu verbergen. Äußeres, unverschuldetes Leid scheut sich der Mensch nicht, vor anderen zu offenbaren, es erzeugt ihm fremdes Mitleid, aber das selbstverschuldete Leid … verbirgt er, so gut er kann; und so kommt es, daß sehr viel Leid und Unglück vor der Welt verschwiegen und in einem bitteren und versauerten Herzen herumgetragen wird.

(KS 5, S.357f.)

Das Glück der Ehe hängt nicht von Reichtum und Wohlstand ab! Ob gute oder schlechte Kleider, ob feine oder derbe Kost, ist endlich im Grunde einerlei; der Reichtum ist an sich selbst kein wirkliches Glück. Das Glück der Familie aber ist wirkliches Glück, und darum sind in diesem Punkte nach einer wunderbaren Einrichtung der göttlichen Vorsehung alle Menschen einander gleichgestellt.

(KS 5, S.358)

Zur Qual und Verzweiflung ist ja der Mensch nicht geschaffen, sondern zur Glückseligkeit; schlimm genug, wenn der Mensch sich selber zur Qual und Verzweiflung verdammt.

(KS 5, S.365)

Es ist eine tausendmal gepredigte Wahrheit, die Erfahrung bestätigt sie alle Tage, die ganze Geschichte der Menschheit predigt sie gleichsam immer von den Dächern: ohne Gott wird nichts besser und ohne Gott kein Friede und kein Glück!

(KS 5, S.366)

Gott allein will’s auch in dieser Welt nicht sein, der alles besser macht und Glück verschafft. Er hat den Menschen nicht als willenloses Werkzeug geschaffen, sondern nach seinem Bild und Gleichnis, also mit Kräften und Mitteln ausgestattet, die der Mensch ehrlich und gewissenhaft gebrauchen soll, damit sie ihm zum Heil dienen. Allerdings, Gott macht’s besser, aber die menschliche Mitwirkung gehört dazu. Man kann’s sogar umkehren und sagen, macht’s der Mensch mit göttlicher Hilfe besser, dann wird’s besser. Gott gibt Glück, aber der Mensch muß es ergreifen, erringen, verdienen. Von selbst kommt nichts Gutes, und das Glück wird nicht umsonst ausgeteilt, fällt nicht ohne weiteres vom Himmel herunter.

(KS 5, S.366)

Adolph Kolpings und die Soziale Frage

Adolph Kolpings und die Soziale Frage

Industrie-Arbeiter im Wuppertal (1848)

Das Verhältnis der Menschen zu den irdischen Geschäften heutzutage lässt sich kurz in folgende Formel fassen: Das Geschäft (Industrie, Handel etc.) ist nicht um der Menschen willen, sondern die Menschen sind um des Geschäftes willen da, das Geschäft um des Gewinnes willen, Besitz oder Genuss das Höchste im Leben, der Mensch ein Knecht, der Erde untertan. Das ist die Quintessenz der ganzen Industrie, des gepriesenen Fortschritts, das die innere Wahrheit des sogenannten materiellen Volksglückes. Das ist zwar mehr oder minder allerwärts der Fall, tritt aber nirgends greller und handgreiflicher zutage als da, wo die Industrie herrscht. Dass der Arbeiter zum Knecht geworden, wirst du leicht begreifen, wie aber auch der Fabrikant Sklave seines Geschäftes geworden, wollen wir hier zwar unerörtert lassen, kannst mir aber glauben, dass er in der Regel ein armseliger, bedauernswerter Mensch ist. Wir haben es vorzüglich mit dem abhängigen Volke und seinen jämmerlichen Zuständen zu tun.

Als nun bekannte Ursachen vor einiger Zeit die Fabrikation hemmten, die Handelskonjunkturen sich auch für die nächste Zukunft ungünstig stellten, wurden in ganz kurzer Frist die Webstühle zu Hunderten stillegelegt; bald waren mehrere tausend Familien arbeits- und brotlos, und nicht lange, da zeigte sich bereits so viel Jammer und Not in den unteren Volksklassen, wie man sie im Wuppertal seit Menschengedenken nicht gekannt hatte. Weber und Färber, mit einem Haufen Handwerker im Gefolge, gingen in ganzen Zügen betteln, bettel(te)n um Arbeit und Brot, das ihnen niemand ausreichend gewähren konnte. Leute, die für bestimmte Fabriken zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre gearbeitet hatten, ihre beste Lebenszeit und Kraft ihrem Herrn gewidmet, die unter ihren Augen reich geworden, standen sich plötzlich außer Verdienst gesetzt, ohne irgendwelche bestimmte Versorgung in der Gegenwart, ohne tröstende Hoffnung auf die Zukunft. Das lecke Schiff der Industrie lag auf dem Strande, das Schiffsvolk irrte trostlos auf nacktem Ufer, jeder Unbill der Verhältnisse preisgegeben.

(Kolping Schriften 3, S. 34)

Industrie-Arbeiter an das Schicksal der Fabriken gebunden (1848)

Nun war, wie aller Welt bekannt, bis in die jüngste Zeit die Industrie in reißendem Fortschrittbegriffen, Erfindungen auf Erfindungen erleichterten den Betrieb und hoben den Verkehr, besonders erreichte das Maschinenwesen einen Grad der Vollkommenheit, wie man es vor Jahrzehnten nicht träumen konnte. – Der Mensch ist ein Hexenmeister auf Erden, besonders, wenn er sich möglichst wenig mit dem Himmel zu schaffen macht. – Diesem Fortschritt konnten aber nur Leute mit kräftigen Beinen, mit Geld und Mut folgen; wenige hielten es aus, die meisten blieben zurück oder hinkten von ferne nach. Mit diesem Fortschritte nun, den man sich an der Wupper wohl zunutze machte, stieg die Fabrikation von Tag zu Tage, und das Wuppertal, das übergewerbreiche, sog nunmehr rings um sich das arbeits- und gewinnlustige Volk heran, so dass die Bevölkerung von Jahr zu Jahr in ungewöhnlichem Maße sich vermehrte. Wer das Wuppertal seit fünfzehn Jahren nicht gesehen und es jetzt damit vergleicht, wird sich kaum darin wiederfinden. Das in Scharen herbeiströmende Volk brachte aber in der Regel nichts mit als Arbeitskraft und guten Willen, sich hier, wo der Verdienst winkte, ein wenig leichter und besser durchs Leben zu schlagen. Überdies lässt sich eine häusliche Niederlassung mit den geringsten Mitteln bewerkstelligen. Dazu kommt, dass fast alle Fabrikarbeit sich bald erlernen lässt; ist doch selbst die Weberei, sieht sie auch wie die Handweberei aus, im Grunde nichts anderes als Maschinenweberei. Der ganze Webstuhl ist ein künstliches Gefüge, von dem der Weber in der Regel wenig oder gar nichts versteht, da er die ganze Anlage in den Hauptsachen fertig in die Hände bekommt. Zur Färberei gehören sich [!] vollends nur robuste Kräfte und ein wenig Anstelligkeit.

Bis zum verflossenen Jahre war die Bevölkerung des Wuppertales bis auf ca. 80.000 Seelen gestiegen, die sich vor 25 Jahren noch auf keine 25.000 belief. Diese Bevölkerung nun teilt sich in zwei Hauptklassen: in Fabrikanten und Fabrikarbeiter. Die ersteren lassen sich leicht an den Fingern herzählen, die letzteren mögen sich über 46.000 bis 50.000 belaufen. Der übrige gewerbtreibende Teil ist nämlich zum größten Teil derart von diesen abhängig, dass man sie notwendig dazuzählen muss. Selbst die anderen sind in das Schicksal der Fabriken so eng verflochten, dass endlich das ganze Wohl und Weh der Bürgerschaft davon abhängt. Zum Vergnügen wird nicht leicht jemand hier leben wollen.

(Kolping Schriften 3, S. 33)

Industrie-Arbeiter, Hungerlöhne und Missachtung der Menschenwürde (1848)

Der größte Teil der Arbeiter verdient gegenwärtig, auch wenn er Arbeit hat, kaum oft nicht mal das tägliche Brot. Der Arbeitslohn ist seit Jahr und Tag immer tiefer gesunken; wie die Konkurrenz stieg, wurden die Preise gedrückt, die Last fiel auf den Fabrikanten, der legte sich mit seiner ganzen Schwere auf die Arbeiter. Wer zuunterst liegt, trägt die Last. Mir wurden unter anderem Tücher gezeigt, die vor drei, vier Jahren noch zehn bis zwölf S[ilber]gr[oschen] Arbeitslohn abwarfen, für die man jetzt nur vier bis fünf zahlt. Es wäre interessant, die Arbeitslöhne für die verschiedenartigsten Artikel der letzten zehn Jahre zu vergleichen; man würde daran eine Skala des Volksglückes finden. Wie oft müdet [!] sich nach langem, trostlosem Harren eine Familie die ganze Woche ab und weiß doch kaum zwei bis drei Taler zu erschwingen, die unter den hiesigen Verhältnissen wenig heißen wollen.

Dazu bisweilen eine Behandlungsart des Arbeiters, weniger von den Herren selbst als von deren Untergebenen, die oft empörender Natur ist. Und der Arbeiter duldet, leidet, schweigt, will er sich die Schlinge, welche ihm die unseligen Verhältnisse um den Hals geworfen, nicht noch fester, wenn nicht zum Ersticken, anziehen. Daß für solche Dinge Fabrikengerichte nicht ausreichen, weiß jeder, der in solchen Angelegenheiten Erfahrungen gemacht hat. Ich sage es nochmal: Unsere heutige Industrie ist raffinierter kalter Egoismus, wie er kaum schlimmer in der Welt gewesen, und dieser übt maschinenartig eine Tyrannei auf Herren und Knechte aus, wie sie in gewisser Weise je fühlbarer gehaust. In der Tat, die handgreifliche Wirklichkeit gibt gewissen Feinden der Menschheit scharfe Waffen in die Hände.

(Kolping Schriften 3, S. 38)

Die Situation der Fabrikarbeiter (1864)

Muss der Arbeiter seine ganze irdische Existenz auf die Arbeit und den Lohn gründen, welche ein anderer ihm gewähren muss, dann ist und bleibt er von seinem sog. ,Arbeitgeber’ abhängig. Seine Arbeit ist ein Gegenstand der Spekulation, steigt und sinkt im Wert nach der steigenden oder sinkenden Nachfrage, wie es bei jeder Ware der Fall ist. Man sieht, hier ist man bei der Fabrik angekommen, denn hier wird der Arbeiter als Fabrikarbeiter angesehen und behandelt. Allerdings, auch bei vieler Fabrikarbeit ist eine Vervollkommnung der Arbeit, also auch eine Erhöhung des Lohnes möglich, doch ist dieses auch im besten Falle nur in beschränkter Weise der Fall; die meiste Fabrikarbeit aber verlangt ein ziemlich geringes Maß von Ausbildung, Fähigkeiten und körperlichen Kräften. Daher kommt es, dass weitaus die meisten Fabrikarbeiter nur für eine eng begrenzte, bestimmte Arbeit geschickt und fähig sind. Um so enger sind sie dem Fabrikanten und seiner Fabrik einverleibt – hörig. So wird der Fabrikarbeiter untertan, hörig und endlich Sklave des ,Geschäftes’, dem er dient.. . Dass zwischen dem alten Hörigkeitsverhältnis und dem neuen der Fabrikarbeiter ein gewaltiger Unterschied besteht, sieht jeder leicht ein. In dem neuen Hörigkeitsverhältnis fehlt jedes deutlich ausgesprochene, anerkannte Rechtsverhältnis, und doch ist es eine unbestreitbare Wahrheit, dass soziale Fragen nicht bloß in Gnade und Barmherzigkeit, sondern nur in Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gelöst werden.

(Brauer, S. 78 f) zitiert nach Kirche und soziale Frage – Themen und Texte. Hrsg. Hubert Mockenhaupt, 1987, S. 46

Grundlage und Ziel aller christlichen Bildung (1854)

Grundlage und Ziel aller christlichen Bildung (1854)

Gottes Bild und Gleichnis!

Lieber Leser, der du nach Bildung strebst oder vielleicht schon ziemlich hohe Ansprüche darauf machst, schau dir den Satz, diese unermesslich tiefsinnige Wahrheit, die der Mensch nicht erfunden, sondern Gott geoffenbart hat, nur recht ruhig, bedächtig und lange an, denn auf dieses Fundament bist du gebaut und demnach hast du deine Grundform erlangt und daran kannst du nichts ändern und ich nicht und selbst die nicht, die es gern leugnen möchten…

Von diesem „Bilde“ nämlich kommt’s „Bilden“, wie man leicht einsehen kann. Die Grundform im Menschen, die er, obwohl noch unvollkommen, noch unausgeprägt, noch nicht hell und klar, aber doch wesentlich mit auf die Welt bringt, weist auf unsern Herrgott so direkt zurück, wie das Bild der Sonne im Tautropfen auf die Sonne zurückweist und ohne diese Sonne nicht existiert und geradeso existiert, wie es existiert, weil die Sonne eben die Sonne ist. Wer nun die Sonne nicht kennt, der kann das Bild der Sonne sich auch nicht vorstellen und wird es auch nirgend erblicken. Ja, um sagen zu können, das ist ein Bild der Sonne, muss ich vorerst wissen, wie die Sonne selber aussieht, und um sagen zu können, der Mensch sei ein Bild seines Schöpfers, muss er wenigstens hinreichende Kunde vom Schöpfer selber haben.

Deshalb hat der Schöpfer sich noch eher dem Menschen selber geoffenbart, als er ihm gesagt hat, dass er ihn nach seinem Bilde geschaffen. Demnach kann keiner vom Ebenbild Gottes im Menschen mit Verstand reden, der von Gott keine vernünftige Erkenntnis hat. Und vom „Bilden“, von der „Bildung“ kann gar keine vernünftige Rede sein, wenn der Mensch nicht zuallererst weiß, was gebildet wird und wonach gebildet werden soll.

Da Gott das Urbild ist, der Mensch das Ebenbild und Gleichnis, und zwar durchaus kein perfektes, schon von vornherein vollendetes, sondern erst ein in der Grundform, der Bildung anheim gegebenes Wesen in dieser Welt erscheint, so ist unstreitbar wahr und klar, dass aller wirklichen und wahrhaften Bildung des Menschen die Gotteserkenntnis vorausgehen muss, noch mehr, dass eben nach dem Maße der Gotteserkenntnis das Maß der Bildung kann gemessen werden und ohne ein Näherrücken Gottes ein Fortschreiten in der Bildung gar nicht möglich ist. Das Bild und Gleichnis Gottes im Menschen, was so recht eigentlich sein Wesen konstituiert und bedeutsam angibt, soll durch Bildung zur Ähnlichkeit mit Gott weitergeführt, schärfer, bestimmter ausgeprägt, ja bis zu jener Vollendung emporgehoben werden, die das Bild dem Urbilde gegenüber nur erreichen kann. Ja, werdet vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist. Das ist die göttliche Grundregel aller wahren Bildung.

(Brauer, S. 110f) zitiert nach Kirche und soziale Frage – Themen und Texte. Hrsg. Hubert Mockenhaupt, 1987