Chronik

Für den am 5.April 1930  aus der Taufe gehobenen katholischen Gesellenverein gab es einen Vorgänger, sozusagen Geburtshelfer. Schon im Jahre  1911 war ein Burschenverein unter dem damaligen Stadtpfarrer Schmucker gegründet worden. Das war in Gundelfingen eigentlich überfällig, nachdem in den Nachbarstädten von Günzburg bis Höchstädt längst solche Gemeinschaften existierten. Im Jahr 1914, als in Europa der I.Weltkrieg ausbrach, war die Vereinigung bereits auf 82 Mitglieder angewachsen.

Nach dem verlorenen Krieg, Inflation und Weltwirtschaftskrise stieg die Zahl der Arbeitslosen dramatisch an. Nachdem sich der Burschenverein 1927 aufgelöst hatte,wagte man 1930 einen Neuanfang mit dem katholischen Gesellenverein, dem Vorläufer der Kolpingfamilie. Im April gegründet, wird man am 30.9.1930  offiziell in Köln aufgenommen. Es sind unruhige Zeiten, denn bei der Reichstagswahl erzielten die Nationalsozialisten und Kommunisten einen erdrutschartigen Stimmenzuwachs Aber der Verein gedieh prächtig, zum Jahresende zählte  er bereits 60 eingeschriebene  Mitglieder. Das Vereinsleben entfaltete sich,besonderen Anklang fanden Faschingsveranstaltungen,Theaterabende und ein Tanzkurs für 80 Personen. Man beteiligte sich am Leonhardiritt, an Exerzitien  in St.Ottilien sowie am Arbeitsdienst beim Bau eines Gebäudetrakts für das Emmausheims.

Auch in die Fremde zog es 15 Mitglieder, die als Wandergesellen von Gundelfingen aus auf die Walz gingen. Hilfe bot ihnen das Wanderbuch der Kölner Zentrale mit dem sie in den Kolpinghäusern billig Unterkunft finden konnten.. Auch in unserer Stadt wurden – obwohl der Verein kein eigenes Gesellenhaus hatte –  56 Wandergesellen vorläufig aufgenommen. Doch diesem Manko wurde alsbald zu Leibe gerückt. In der Schulstraße  gelang es Präses Horle einen Gruppenraum zu mieten und gemeinsam wurde die Ausstattung und Renovierung angepackt. Dabei  half ein Großteil der nun schon über 120  Mitglieder zählenden Gemeinschaft mit.

Doch inzwischen schrieb man das Jahr 1933 und Hitler war an die Macht gekommen. Was das bedeutete  sollte man alsbald erfahren. Beim ersten Deutschen Gesellentag befand sich unter den 30000 Mitgliedern auch eine Gundelfinger Abordnung. Wegen des Terrors der SA musste jedoch die Veranstaltung frühzeitig abgebrochen werden. Präses Horle konnte das Banner nur retten, indem er es sich um den Leib wickelte. Aber auch in Gundelfingen  wurde es nun immer schwieriger ein Vereinsleben aufrecht zu erhalten. Beim Präses wurde eine Hausdurchsuchung angeordnet. Nur durch das loyale Verhalten der damit beauftragten örtlichen Instanzen hatte diese keine weiteren Folgen.. Auf Anordnung  wurde der Gruppenraum schließlich für die HJ requiriert und durch weiterten Schikanen machten die Nazis dem Vereinsleben den Garaus.

Nach Zusammenbruch des “tausendjährigen Reiches“ konnte 1946 wieder ein Neuanfang gewagt werden. Man traf sich bei Stadtpfarrer Hofer oder in den Gaststätten „Kanne“ oder „Bayerischer Hof“.Ein Jahr später konnte das alte Vereinsheim bezogen werden, das bald zu einem Treffpunkt der Gundelfinger  Jugend wurde. Nach den entbehrungsreichen Kriegsjahren fanden Faschingsveranstaltungen und Theaterabenden der alten  Turnhalle breiten Anklang.

 

Aktuelle und brisante Themen aus den Bereichen Religion, Berufswelt und Politik wurden in die Programmgestaltung einbezogen. Das Jahr 1952 brachte einen wichtigen Einschnitt in die Vereinsgeschichte. Nachdem Karl Hausmann,als Senior,  den schwierigen Neubeginn gekonnt ge       meistert hatte kam ein neuer Mann in dieses verantwortungsvolle Amt.  Anton Lohner sollte nun

für vier Jahrzehnte die Geschicke der KF leiten und das Bild  der Gemeinschaft nachdrücklich prägen.

Ohne den „Tone“ wäre die Kolpingfamilie sicherlich  nicht das was sie heute darstellt.

1955 sollte ein wichtiges Jahr in der Gundelfinger Pfarrgeschichte werden. Zehn Jahre nach Kriegs- ende  weihte man das neue Pfarrheim ein. Kolping erhielt einen eigenen Gruppenraum und mit der Nutzung des Saals ergaben sich  attraktive Programmgestaltungsmöglichkeiten. Benefiziat Riedle setzte als neuer Präses gezielt Akzente und schuf durch unermüdlichen Einsatz eine Gemeinschaft wie sie noch heute existiert.

Im Jahre 1961 begann auch die Tradition der Kolpingbälle, die aus dem örtlichen Faschingsleben nicht mehr wegzudenken sind. Seit über fünf Jahrzehnten wird in eigener Regie ein aktuelles Motto gewählt und darum herum ein attraktives Programm gestaltet. Beim farbenprächtigen Einzug,dem schwungvollen Ballett und den vielen humorvollen Einlagen kommt jeder Faschingsfreund auf seine Kosten.

Mit dem neuen Haus ergaben sich nicht nur neue Gestaltungsmöglichkeiten, sondern auch Verpflichtungen. Sobald bei Festen und Aktionen ein Überschuss erwirtschaftet wurde,investierte man ins Pfarrheim .Ob Gläserschrank, Spülbecken, Kulisse oder Bühnenvorhänge, ja sogar ein gebrauchtes Klavier wurde angeschafft. Bei Renovierungen leisteten die Mitglieder mit ungezählten Arbeitsstunden ihren Beitrag. Mit dem Bau eines beweglichen Altars, der bei kirchlichen Feiertagen zu Ehren kam, bewiesen die Kolpngssöhne ihr handwerkliches Können.

Um diese Projekte möglich zu machen suchte man nach neuen Wegen. Als noch niemand mit dem Begriff  Recycling  etwas anfangen konnte, wurde mit der Altkleidersammlung begonnen. Eine Unmenge von Papier und abgelegter Kleidung  konnten auf diese Weise der Wiederverwertung zugeführt werden und leisteten einen erheblichen finanziellen Beitrag. Neben dem Unterhalt des Pfarrheims galt der Erlös auch sozialen und karitativen Zwecken. Man unterstützte z.B. die Aktion „Ein Haus für Indien“ mit namhaften Beträgen oder stiftete dem örtlichen Kindergarten ein Turngerät, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Zeichen setzen wollte man auch mit der Eröffnung des 1.Kolping-Naturlehrpfads in Deutschland. Ersoll durch gezielte Informationen über unseren Auwald zu einem aktiveren Umweltbewusstsein anregen. Wodurch ist Gundelfingen in den letzten Jahren weit über die lokalen Grenzen hinaus bekannt geworden? Wohl durch jene gelungenen Feste, die Zuschauer aus nah und fern kommen

lassen. Mit von der Partie waren selbstverständlich  auch die Kolpingler, die ihren Beitrag zum Gelingen leisteten.

Seit 55 Jahren lädt  die KF am Patrozinium  zu ihrem Seniorennachmittag ein. Die älteren Mitbürger sollen bei freier Bewirtung mit Musik sowie Einaktern und Sketchen unterhalten werden.

Zu guter Letzt sei auch noch auf die Partnerschaft  mit der Südtiroler KF Algund hingewiesen. Seit mehreren Jahrzehnten pflegt man über die Landesgrenzen hinaus durch gegenseitige Besuche einen regen Kontakt.

Abschließend sei noch ein Wort der Selbstkritik erlaubt. Dies Darstellung konnte nicht jedes Engagement und jede einzelne Leistung würdigen. Die Ausführungen sollten auch nicht der Selbstbeweihreicherung  und Lobhudelei dienen. Sicher kann man auf bisher Geleistetes stolz sein, sicher ist auch noch manches zu verbessern und Neues in Angriff zu nehmen. Dies erfordert Mut, Tatkraft und Weitsicht aber auch Solidarität und Gemeinschaftsgeist. Dies ist dieser Kolpingfamilie von Herzen zu wünschen.