Geschichte der Kolpingsfamilie Altenhundem

75 Jahre Kolpingsfamilie Altenhundem
1930 – 2005
(von Winfried Voß)

“Zu der am 29. April 1930 einberufenen Gesellenvereinsversammlung, abends 8 ½ Uhr im Jugendheim waren die Mitglieder zahlreich erschienen (35 Mann) zur Besprechung des Gesellenvereins und der Wahl des aktiven Vorstandes.” So beginnt das Protokoll der Gründungsversammlung der Kolpingsfamilie Altenhundem. Zu den Teilnehmern gehörten Pfarrer Brisgen und Vikar Holtgreve. Als es um die Selbstbestimmung und die Grundlage des Gesellenvereins ging, vertrat Pfarrer Brisgen mit aller Härte den Standpunkt der Geistlichkeit. Die anwesenden Kolpingmitglieder mussten sich also schon am ersten Abend mit der Geistlichkeit anlegen, als man einen selbständigen Vorstand wählen wollte. In einer geheimen Abstimmung votierte die Versammlung mit 22 Stimmen gegen die Geistlichkeit, welche damit natürlich nicht einverstanden war. Die Mitglieder mussten das Versammlungslokal verlassen und zogen anschließend zur Wirtschaft Johann Wiethoff, um dort die Kolpingsfamilie zu gründen. Hier wurde Josef Hebbecker zum Senior (heute Vorsitzender) und Karl Klösel zum Altsenior gewählt.

Beide haben sich vor und nach dem Zweiten Weltkrieg beim Aufbau der Kolpingsfamilie besondere Verdienste erworben. Eigentlich stand das Unternehmen “KOLPINGSFAMILIE ALTENHUNDEM” nach der ersten Auseinandersetzung mit dem Pfarrer unter keinem guten Stern. Doch schon am 24. September 1930 konnte man in einem Zeitungsbericht lesen, daß die Festrede zur Bannerweihe vom Präses des Vereins, Pfarrer Brisgen gehalten wurde. Er bat darin “die zahlreich erschienenen Jünglinge und Gesellen, allezeit zu ihrem Vereinsprogramm zu stehen. Weiterhin schreibt die Zeitung daß aufgrund der ständig steigenden Mitgliederzahlen ein Bedürfnis zur Gründung des Gesellenvereins in Altenhundem bestanden haben muss. Das Programm der Kolpingsfamilie umfasste in der Folgezeit neben geselligen Treffen, Angebote zur beruflichen Weiterbildung sowie Filmvorführungen und Theaterveranstaltungen. 1931 hat die Kolpingsfamilie die Bühne im kleinen Saal der Sauerlandhalle errichtet. Hiervon zeugt die Bitte um ein zinsgünstiges Darlehen von 500 Mark an das Generalsekretariat des Gesellenvereinshauses in Köln. Weiterhin nahm man an Gesellentagen in Essen und während der Machtergreifung durch Hitler, in München teil. Bei letzterer Veranstaltung wurde erstmals von den Nationalsozialisten den kirchlichen Vereinen der Kampf angesagt. Die Arbeit des Gesellenvereins wurde massiv behindert. Nicht nur, daß es verboten war, Flagge zu zeigen, das Banner wurde unter der Unterwäsche eines Kolpingbruders von der Münchener Veranstaltung wieder in die Heimat gebracht, so verloren eine Reihe von Kolpingsöhnen, aufgrund ihrer Kolpingmitgliedschaft, ihren Arbeitsplatz. Um den Nationalsozialisten dennoch zu trotzen und als Zeichen des Wiederstandes gegen deren Kirchenfeindlichkeit und Führerkult wurde 1935/36, auf Initiative von Präses Vikar Grafe, von der Kolpingsfamilie das Michaelskapellchen an der Sandstraße mit der Inschrift “WER IST WIE GOTT” errichtet. Am Bau beteiligten sich zudem alle katholischen Jugendvereine.

Im Zweiten Weltkrieg verloren 23 Mitglieder der Altenhundemer Kolpingsfamilie ihr Leben. Dennoch bewahrten vor allem die älteren Kolpingsöhne die erarbeiteten Strukturen und nach Kriegsende begann alsbald wieder zielstrebig die Arbeit der Kolpingsfamilie. Der Zusammenhalt der Gemeinschaft wurde durch Heimabende und gut gestaltete Winterprogramme gefestigt. Ein besonderer Dank gilt im Hinblick auf diese schwere Zeit Pfarrer Kotthoff und Vikar Ostrup.
1955 Wurde die Kolpingsfamilie 25 Jahre alt. Dies war natürlich ein Grund zum Feiern. Die Jubiläumsfeierlichkeiten begannen am 7. Mai 1955 mit der Einweihung des Kolpingkreuzes am Neuen Waldweg. Das Kreuz trägt als Inschrift die letzten Worte Adolph Kolpings: “WEHR DICH DAMIT” und wurde von den Altenhundemer Kolpingsöhnen errichtet, um die Einheit des Vereins nach außen zu zeigen und die Verbindung zu dem Sozialreformer Adolph Kolping zu dokumentieren. Glückwünsche erhielt die Kolpingsfamilie von Priestern des Dekanates Elspe sowie vom Bezirkspräses und Politikern.
 

In den folgenden Jahren beschäftigte man sich unter anderem mit aktuellen politischen Themen. Des weiteren wurden Bildungsfahrten nach Bochum und zum Volkswagenwerk nach Wolfsburg unternommen.
Am 24.02.1958 gründeten Präses Vikar Ostrup und Friedhelm Vollmert die erste Jungkolpinggruppe. Die Gruppe zählte bereits kurz nach ihrer Gründung 30 Mitglieder. Der 31. Mai 1959 war dann wieder ein besonderer Tag. Zum ersten mal macht die Fronleichnamsprozession auf ihrem neuen Weg, Station am Kolpingkreuz.
Im gleichen Jahr beantragen die 200 Mitglieder der Kolpingsfamilie die Benennung der heutigen Fichtenstraße als Kolpingstraße. Zum 25. Priesterjubiläum, im Jahr 1960, erhält Pastor Teipel von der Kolpingsfamilie Altenhundem ein neues “ewiges Licht” für die Pfarrkirche. Am 11. Februar 1965 feiert das älteste Mitglied, Kaspar Stipp, seinen 90. Geburtstag auf der Hohen Bracht. Gleichzeitig wird er für die siebzigjährige Kolpingmitgliedschaft ausgezeichnet. Ab dem 5. Juli 1966 traf sich der “Kreis Junger Familien” regelmäßig unter der Leitung von Herbert Sasse, um über familienrelevante Probleme und Erziehungsfragen zu sprechen. Ebenfalls im Jahr 1966 beteiligte sich die Kolpingsfamilie tatkräftig am Bau des Kolping-Familienferienheimes “Konrad-Adenauer-Haus” in Oberhundem. Im Sommer dieses Jahres wechselte wieder der Präses. Vikar Rapp übergab sein Amt an Vikar Spruck.

Mit der Gründung der Stadt Lennestadt 1969 setzte die Kolpingsfamilie ihr politisches Engagement fort. Einerseits stellte sie von Anfang an ei Ratsmitglied. Andererseits beschäftigte sie sich von Beginn an mit kommunalpolitischen Themen. Beim Aufbau einer Kolpingsfamilie in Brachthausen leisteten die Altenhundemer Kolpingsöhne auf Bitten des Bezirksverbandes im Jahr 1973 Entwicklungshilfe. Für ständige Spannungen zwischen dem Vorstand der Kolpingsfamilie und Jungkolping sorgten die “Cola-Bälle”. So kam es 1976 zum Bruch zwischen Jung- und Altkolping. In den folgenden Jahren bis zum 50. Jubiläum beschäftigten die Kolpingsöhne zum größten Teil interne Probleme, die sicher nicht zur Attraktivität der Kolpingsfamilie beitrugen. Ab diesem Zeitpunkt begann dann ein Umdenken und man bemühte sich wieder intensiv um Jugendliche. Im Jubiläumsjahr traten wieder Jugendliche in die Kolpingsfamilie ein. Das 50-jährige Bestehen der Kolpingsfamilie wurde mit dem Bezirkstag im Kloster Maria-Königin, einer großen Festveranstaltung in der Sauerlandhalle Altenhundem und einem Frühschoppen am neuen Pfarrzentrum gefeiert. Die Festveranstaltung und der Gottesdienst wurde von der Trachtenkapelle Westendorf aus dem Allgäu musikalisch begleitet.
 

Bereits 1980 beschäftigte sich die Kolpingjugend intensiv mit der sogenannten “Dritten Welt”. Ende 1983 wurde Francoir Hatika, er lernte damals Fischzucht in Albaum, in die Kolpingsfamilie aufgenommen. Später kam dann Marcellin Djanato aus Benin hinzu. Beide werden durch die regelmäßig in der Adventszeit stattfindenden Dritte-Welt-Stände gefördert. Später wurde das Standangebot auch auf diverse Festivitäten ausgeweitet und findet nun auch zusätzlich an jedem ersten Wochenende jeden Monats in der Kirche statt.
1983 löste Pastor Feldhagen den Diakon Herbert Sasse im Präsesamt ab. Seit 1987 verjüngte sich der der Vorstand der Kolpingsfamilie stetig. So machten neue Ideen und Aktionen die Arbeit attraktiver. Mitte 1989 wurde ein Hearing mit dem Thema “Kleinkinder im Gottesdienst” veranstaltet. Hierzu waren die verschiedensten Interessengruppen eingeladen. Gleichzeitig gab es erste Bestrebungen zur Gründung eines Entwicklungshilfevereins in Altenhundem, der die begonnene Projektarbeit der Kolpingsfamilie intensivieren sollte.
Die Kolpingsfamilie feierte 1990 ihren 60. Geburtstag. Trotz ihrer 60 Jahre hatte die Kolpingsfamilie noch lange nicht das Rentenalter erreicht. Dies zeigen auch einige Aktionen aus diesem Jahr. Es wurden das Josefsschutzfest mit den Altenhundemer Vereinen und Bürgern feierlich als Jubiläumsveranstaltung ,eine Jungkolpingdisco und der Bezirkstag aller Kolpingsfamilien im Bezirk Olpe in der Sauerlandhalle veranstaltet. Am 2. Oktober 1990 begann eine Veranstaltung des Kolpingvorstandes mit einer gemeinsamen Andacht am Michaelskapellchen; sie wurde von Jugendlichen der Pfarrgemeinde vorbereitet. Wir freuten uns gemeinsam , daß der größte Wunsch des Deutschen Volkes Wirklichkeit wurde und beteten für eine gute Zukunft im wiedervereinigten Deutschland.
Am 28. April 1991 wurde der Entwicklungshilfeverein gegründet. Hieraus entstanden die Initiative in Agbanto (Benin) ein Krankenhaus und später dann auch ein Ausbildungszentrum zu errichten. Die Fischzuchtprojekte in der Republik Kongo konnten wegen des Bürgerkrieges im ehemaligen Zaire nicht weiter gefördert werden. Zwischenzeitlich wurden die Mitinitiatoren des Vereins, Günter und Marianne Werthmann mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Der Verein hat im Jahr 2001 das 10-jährige Jubiläum gefeiert.
Viel wesentlicher war 1991 die Seligsprechung von Adolph Kolping am 27. Oktober 1991. Die Kolpingsfamilie gestaltete zum Dank die Gottesdienste vom 19. Und 20. Oktober 1991. Zudem waren einige Altenhundemer Mitglieder zur festlichen Seligsprechung von Adolph Kolping durch Papst Johannes Paul II. in Rom. Seither wird dieser Gedenktag an jedem 27. Oktober mit einem Gottesdienst begangen. Das Gemeindejubiläum im Jahr 1993, 100 Jahre Pfarrgemeinde wurde mit großem Engagement, vor allem von den Jugendlichen der Kolpingsfamilie begleitet. Während einer Klausurtagung im Oktober 1992 wurden die Schwerpunkte der künftigen Kolpingarbeit festgelegt. Die Klausurtagungen haben eine gute und wertvolle Tradition für unsern Vorstand. Im Dezember 1992 nahm dann Francoir Hatika aus Zaire am Kolpinggedenktag teil. Er nutzte die Gelegenheit über seine schwierige Arbeit in seiner vom Bürgerkrieg zerrütteten Heimat darzustellen. Derzeit bemüht sich die Kolpingsfamilie Altenhundem die Jugenarbeit wieder zu intensivieren. Wir versuchen uns attraktiv darzustellen und bereiten uns auf das große Jubiläum im Jahr 2005, “75 Jahre Kolpingsfamilie Altenhundem”, vor.
Ein Ausblick in die Zukunft könnte sich abschließend aus einem Wort von Adolph Kolping aus dem Jahr 1861 ergeben:

“Es ist, als rückten die Menschen der verschiedensten Länder immer näher und enger zusammen, als zwänge eine unsichtbare, aber gewaltige Hand die Völker, sich ihrer gemeinsamen Abstammung, ihrer großen Familienhaftigkeit, also auch ihrer wahrhaft großen Aufgabe in dieser Welt allmählich immer bewusster zu werden.”
Adolph Kolping